Speisen.
Die
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Vorzüglich beliebt aber waren von diesem Thiere, aufser dem Euter (sumen) i
und derb Leber, welche man nach einer von dem Koehkünstler Marcus
Apieius erfundenen Methode, ebenso wie die Gänseleber, durch Ueber-
mästung der Thiere besonders grofs und schmackhaft zu machen verstand,
die Würste (botulus, tonzaculum), welche in den mannigfachsten Compo-
sitionen bereitet und schon damals auf der Strafse in tragbaren Blechöfen
von Wurstverkäufern (botularii) lautrufend feilgeboten wurden.
Unter den Gemüsen nennen wir den Salat (lactuca), dessen beliebteste
Art die laoonica oder capitata, unser Kopfsalat, war, sowie für die Tafel
der Vermögenderen den grünen und braunen Kohl (brassica), während der
gewöhnliche (olus), sowie Kichererbsen, Bohnen und Linsen zugleich mit
der Polenta die Hauptnahrungsmittel der ärmeren Volkselassen bildeten.
Was das Obst betrifft, so zogen die Römer in ihren Gartenanlagen bereits
die verschiedensten und ausgesuchtesten einheimischen und fremden Arten.
Aepfel, namentlich I-Ionigäpfel (meliozzela), Birnen, Pflaumen, Kirschen,
Quitten, Pfirsiche, Granatapfel, Feigen, Nüsse, Kastanien, Weintrauben,
Oliven und manche andere Obstsorten, kurz alle jene Früchte, welche, wie
zu Anfang dieses Abschnittes erwähnt, bildlich auf Wandgemälden darge-
stellt sind, durften auf keiner Tafel fehlen. Hingegen waren dem römischen
Alterthume viele von jenen Obstarten und Cerealien, welche heutzutage die
wichtigsten Lebensbedingungen nicht allein für den Italiener, sondern auch
für die übrigen Bewohner des Südens von Europa ausmachen, noch un-
bekannt. Apfelsinen, Pomeranzen, Citronen und der Cedrat oder medisehe
Apfel existirten zu Plinius" Zeiten noch nicht in Italien. Erst im dritten
Jahrhundert unserer Zeitrechnung begann der Anbau des letzteren; noch
später, wahrscheinlich erst durch die Araber, kamen die Citrone und Po-
meranze nach Europa; am spätesten aber die Apfelsine, welche aus ihrem
Heimathlande China erst durch die Portugiesen nach Europa verpflanzt
wurde. Ebenso waren von den Cerealien nur der Weizen und die Gerste '
den Römern bekannt; hingegen fehlten ihnen die nordischen Kornarten,
der Hafer und Roggen, und der jetzt für den gemeinen Italiener so wich-
tige Mais verbreitete sich erst seit der Entdeckung Amerikas auch über
Italien, sowie der Reifs, dessen Cultur sich damals noch auf Ostindien
beschränkte.
Vorzugsweise war es nun die Cena, auf welche sich das Raffine-
ment der Koeh- und Backkunst, sowie der ausschweifende Luxus im
Arrangement der Speisen concentrirten. In älterer Zeit bestand diese Haupt-
mahlzeit aus zwei, später aus drei Abtheilungen, deren erste, die Vorkost
(gustus, gustatio), aus Gerichten zusammengesetzt war, welche auf die
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