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Die Speisen.
zug auf die Tageszeit, als auch auf die Speisen dem Brealtfast, Luncheon
und Dinner der Engländer entsprechen. Zu den Hauptnahrungsmitteln des
gemeinen Mannes in älterer, sowie in späterer Zeit gehörte der aus Dinkel
(far, ador) bereitete Mehlbrei (puls), welcher die Stelle des Brotes ver-
trat. Dazu kamen grüne Gemüse wie Kohl (brassica), Lauch (pm-rwzz),
Zwiebeln (cepae, bulbi) und Hülsenfrüchte (legzmzcina), während der Ge-
nufs von Fleischspeisen wohl nur bei festlichen Gelegenheiten stattfand.
Die Einrichtung der Küche entsprach auch der übrigen Einfachheit der
Sitten der alten Zeit, in der noch, wie Plinius bemerkt, die Sklaven ge-
meinschaftlieh mit dem Herrn dieselbe Speise genossen. Erheischten aber
festliche Gelegenheiten einen besonderen Aufwand an Speisen, so gab es
auf dem macellum, wie der Victualienmarkt sowohl in Rom, als auch in
anderen Städten genannt wurde, Köche in Menge, welche ihre Dienste
anboten, und oft genug mögen sich hier beim Miethen derselben Scenen,
wie sie Plautus höchst drastisch in seinem Pseudolus schildert, wieder-
holt
haben :
Sobald sie nämlich miethen wollen einen Koch,
Fragt keiner nach dem besten und dem theuerslen;
Der wird gemielhet, wer verlangt das Wenigste,
Deswegen blieb ich sitzen heut' allein am Markt.
Ich mache nicht das Essen, wie die andern, die
Auf Schüsseln zugerichlele WVicsen, gleich als wenn
Die Gäste Kühe wären, sie mit Gras versehen.
Erst mit dem durch die Eroberungen in Griechenland und Asien begin-
nenden Verfall der Sitten trat in den Häusern der Reichen in Bezug auf
die Auswahl und Zahl der Speisen eine wesentliche Veränderung ein. Die
einfachen Gerichte genügten nicht mehr für die Ansprüche der Gourmands
und statt eines nur für festliche Gelegenheiten" gemietheten Kochs lieferten
jetzt die Haussklaven ein nicht unbedeutendes Contingent von Köchen
und Küchenjungen selbst für die Bereitung der gewöhnlichen Mahlzeiten
in die Küche. lngleichen wurde einem besonderen Sklaven das Backen,
welchem Geschäft sich in früherer Zeit die Frauen unterzogen hatten,
übertragen, und hatte derselbe seine Kunst im Bereiten von Pasteten, im
Formen feiner Backwaaren zu allerlei künstlichen Gestalten, kurz in allen
Zweigen der Conditorei zu zeigen. Daher auch die hohen Summen, welche
für geschickte Köche und Conditoren gezahlt wurden. Im Allgemeinen
aber kann man annehmen, dafs sich der Luxus nicht in einer mit der
Verfeinerung der Sitten wohl verträglichen Gourmandie zeigte, sondern
vielmehr in einer wahrhaft unsinnigen und widerlichen Schlemmerei, welcher