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Die Tracht.
Palla. Ricinium.
Bildwerken die Römerinnen in der mannigfachsten Art bekleidet sehen,
hatte, wie die Anschauung lehrt, entweder vollkommen den Schnitt der
Fig 469 Toga und wurde, wenn auch nicht in der durch
die Sitte für den Mann vorgeschriebenen, doch
Äwää ' in einer ähnlichen vom Geschmack der Trägerin
abhängigenWeise umgelegt; oder es näherte sich
f l in seiner Form dem griechischen Himation, hatte
mithin die Gestalt eines bald gröfseren oder bald
i? kleineren oblongen Tuches, welches in den man-
äi nigfachsten und zierlichsten Windungen um den
[Ä Oberkörper in malerischem Faltenwurf drapirt
[N x werden konnte. Eine dritte Ar: der Palla scheint
jl j aus zwei Decken gebildet gewesen zu sein, welche,
' l auf den Schultern durch Fibulae verbunden, ent-
, weder über die Vorder- und Rückseite des Kör-
l! pers lose berabwallten, oder durch einen Gürtel
j am Körper festgehalten wurden. Allen diesen
Xlj X Formen der Palla begegnen wir auf den Monu-
' N menten, am häufigsten aber der togaähnlichen
mit ihrem malerischen Faltenwurfe bei den in
matronaler Kleidung dargestellten Mitgliedern der
kaiserlichen Familie oder bei anderen Portrait-
statuen aus der Kaiserzeit. Häufig sehen wir
hier den über den Rücken fallenden Faltenwurf
l schleierähnlich über den Hinterkopf gezogen, wie
j X ß_ bei der unter Fig. 469 abgebildeten Marmor-
abw- statue der jüngeren Agrippina; bei anderen deckt
die Palla nur die linke Schulter und schlingt
sich abwärts in anmuthigem Faltenwurf um den Körper, oder der Künstler
hat, wie bei der oben unter Fig. 468 dargestellten Figur der jüngeren Fau-
stina, das von dem Oberkörper herahgesunkene Gewand, welches den rechten
auf der Lehne der Cathedra aufgestützten Arm noch theilweise verhüllt,
höchst anmuthig um den Unterkörper drapirt; in ganz ähnlicher Weise ist
auch die sitzende Statue der Agrippina, der Gemahlin des Germanicus, im
florentiner Museum bekleidet. Statt jener Verhüllung des Hinterkopfes mit-
telst der in die Höhe gezogenen Palla, welche vorzugsweise die Matronen
charakterisirt, tragen aber jüngere und auch wohl ältere Frauen einen lufti-
gen, durchsichtigen Schleier (riciniwn), welcher, auf dem Scheitel befestigt,
anfangs wohl zum Schutz gegen die Sonnenstrahlen diente, dann aber ein