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Die Mosaik.
Die Gartenanlagen.
die Perserschaaren vor dem heftigen Anprall der Griechen auf, und ihre
verwundeten Krieger werden von den über sie hinwegbrausenden Rossen
zermalmt. Hoch auf seinem Streitwagcn, dessen scheu gewordenes Vier-
gespann kaum noch der Geifsel des Wagenlenkers gehorcht, erblicken wir
inmitten des Getümmels den Darius. Kein Commando vermag mehr den
Seinigen Stillstand zu gebieten und nur wenige Getreue haben sich um
den Streitwagen geschaart, die geheiligte Person ihres Königs mit ihren
Leibern deckend. Da sinkt durchbohrt von dem gewaltigen Speere Ale-
xander's einer der edelsten Perser mit seinem Pferde danieder, und ein
gleiches Schicksal oder Gefangenschaft droht dem über den Fall seiner Ge-
treuen erschreckten Perserkönig. Nur schleunige Flucht kann ihn noch
retten, zu deren Bewerkstelligung bereits cin Rofs bereit gehalten wird.
Die Seene, welche sich hier vor den Augen des Beschauers entwickelt, ist
so durchaus lebenswahr, jede Figur greift so lebendig in die ganze Hand-
lung ein, dafs ein Zweifel über die Deutung derselben unmöglich ist. Nur
das Bestreben, auch diesem Bilde eine Namentaufe zu geben, hat zu ver-
schiedenen Erklärungen die Veranlassung gegeben. Wir schliefsen uns aber
gern der Ansicht derjenigen an, welche in diesem Bilde den Hauptmoment
der Schlacht am Issos erkennen. Ein solches Bild dieser Schlacht soll
Hclena, die Tochter Timon's aus Aegypten gemalt haben. Vespasian liefs
dasselbe nach Rom bringen, und viel Wahrscheinliches hat es für sich,
dafs unsere pompejanische Mosaik eine Copie jenes Bildes gewesen sei.
Mit welcher Sorgsamkeit die Details dieser Mosaik ausgeführt sind, beweist
schon der Umstand, dafs jeder Quadratzoll derselben aus etwa 150 Stiften
Fig_ 46g zusammengesetzt ist. Weniger grofsartig, nichts-
. t . . . . . . e . o destoweniger aber ansprechend ist eine Mosaik neben
E a Ü: Z Z i] der Cella des Thürhüters im Hause des Poeta tragico
. j j Z E E E E zu Pompeji (Fig. 466), auf der ein grimmiger Ketten-
j: Z 0 u" j 1' 22' hund dem unbefugt Eintretenden CAVE CANEM als
ßiiyiti Warnungsruf entgegen zu bellen scheint.
Verlassen wir aber nicht das Haus, ohne einen Blick in das kleine,
wohlgepflegte Viridarium geworfen zu haben. Schon aus dem homerischen
Gedichte kennen wir die Anlage jenes grofsen Gartens, welcher neben dem
Palaste des Alkinoos, des Fürsten der Phaeaken, sich ausdehnte. Von
einer quadratischen Mauer eingeschlossen, barg derselbe in seinem lnnern
Birnen-, Feigen-, Granat-, Oliven- und Apfelbäume der schönsten Art.
Weingelände und Blumenbeete durchzogen den Garten und eine Quellen-
leitung sorgte für die Ernährung der sorgsam gehegten Gewächse. Es
waren aber nur die in Griechenland einheimischen, veredelten Obstarten