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Die Mosaik.
welchen man geometrische Formen und mannichfache Muster herzustellen
versuchte. Ebenso aber, wie man bei der Wandmalerei die durch Linien
und Verzierungen gleichsam eingerahmten Felder mit Gemälden zu schmücken
pflegte, übertrug man ein gleiches Verfahren auch auf den Fufsboden. Die
durch die geometrisch componirten Streifen gebildeten Felder wurden mit
aus Steinstiften hergestellten Bildern ausgefüllt, so dal's die dunklen Streifen
also gleichsam die Rahmen für die Darstellungen abgaben. Man war mit-
hin dadurch in den Stand gesetzt, bald gröfsere, den ganzen Fufsboden
einnehmende Bilder, bald mehrere kleinere Medaillons herzustellen. Diese
schon in ihrer Ausführung, geschweige denn in ihrer Composition eine oft
mehr als handwerksmäfsige Kunstfertigkeit voraussetzende_ Arbeit erhielt
nun vorzugsweise den Namen der Mosaik (pavzimentuvn musivum). Die
Manipulation bei der Anlegung der Mosaik war folgende. Der zur Auf-
nahme derselben bestimmte Grund wurde fest gestampft oder mit einer
Unterlage von Steinplatten belegt und auf diese ein langsam trocknender,
festbindender Kitt aufgetragen, in welchen die erwähnten buntfarbigen,
vierkantigen Stifte nach einem vorgezeichneten Muster eingelassen wurden.
Sobald die Bindemasse getrocknet war, wurde die Oberfläche geglättet;
es bildete somit das Estrich eine compacte, dem Eindringen des Staubes
und der Feuchtigkeit gleich unzugängliche Masse.
Ebenso aber, wie die Bemalung der Wände als unerläfslich für die
Wohnung galt, gehörte auch ein künstlich angelegter Fufsboden zur noth-
wendigen Vervollständigung des Zimmerschmuckes. Während indefs die
Mauern mit ihrem Bilderschmuek im Laufe der Zeiten zusammengestürzt
sind, schützten die auf dem schwer zu zerstörenden Fufsboden sich häu-
fenden Schuttmassen denselben vor der Zerstörung, und so kommt es,
dafs so häufig bei Ausgrabungen römischer Tempel, Bäder und Wohn-
häuser nach Hinwegräumung des Schuttes ein noch verhältnifsmäfsig wohl-
erhaltener Mosaikboden freigelegt wird. Hier treffen wir, je nach den
Mitteln oder dem Geschmacke des einstigen Besitzers oder je nach der
Geschicklichkeit der Mosaikarbeiter, die mannigfachsten Proben römischer
Mosaik, von der rohesten bis zur vollendetsten Arbeit an. Ueberreste
griechischer Mosaik im eigentlichen Griechenland hingegen besitzen wir
keine, mit Ausnahme etwa des von den farbigen Steinen aus dem Flufs-
bette des Alpheios hergestellten und ziemlich roh gearbeiteten Fufsbodens
im Pronaos und Peristyl des Zeustempels zu Olympia (vgl. ä 11); möglich,
dafs spätere Ausgrabungen noch besser erhaltene und besser gearbeitete
Mosaiken zu Tage fördern.
Was nun die Darstellungen betrifft, so finden wir, aufser den meisten-