Die Wandmalerei.
Die Mosaik.
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der steinartigen Verhärtung der Wand mithin eine Unzerstörbarkeit des auf
ihr fixirten Bildes statt; bei der a tempera Malerei hingegen erhielten die
Farben einen Zusatz von Leim als Bindesuhstanz und wurden auf die
trockene Fläche aufgetragen. Letztere Art der Malerei zeigt sich deutlich
bei einigen pompejanischcn Wandgemälden durch das Abblättern der Farbe.
Die enkaustische Malerei, bei der die mit Wachs oder Harz versetzten
Farben aufgesetzt und mittelst glühender Eisen eingebrannt wurden, ist
wohl nur für Tafel- und Stalfeleigemälde, nicht aber für die Wandge-
mälde in Anwendung gebracht worden. Solche mit Harz präparirte Far-
ben fand man unter anderen in dem einem Farbenhändler angehörigen
Laden in der Casa del Arciduca zu Pompeji. Zur Conservirung der
Bilder, namentlich derjenigen, welche in offenen Hallen den Einflüssen der
Luft ausgesetzt waren, wurden dieselben mit einem Harz- oder Wachs-
{irnifs überzogen, welcher also damals die Stelle des Oelfirnisses unserer
Maler vertrat.
94. Von den Wandgemälden senkt sich unser Blick zu dem glatten
Fufsboden, über welchen wir hinwegschreiten. Wie hätte wohl bei der
künstlerischen Ausstattung der Wände und der Zimmcrdecke, bei der Ele-
ganz, welche sich bis auf das kleinste Geräth erstreckte, die Anlage des
Fufsbodens hinter der übrigen Einrichtung zurückstehen können? In älterer
Zeit aus fest gestampftem und mit Schlägeln geebuetem Lehm gebildet,
dem zur Erreichung einer grölseren Festigkeit Scherben beigemischt wurden
(pavimentzem testaceunz), genügte dieses Estrich nicht mehr den gestei-
gerten Ansprüchen einer späteren Zeit. Man begann den Boden mit Stein-
platten von weifsem oder farbigem Marmor zu belegen, verschiedene Mar-
morarten für einen und denselben Fußboden zu verwenden, und indem
man die Platten bald in längere, bald in schmalere Streifen zerschnitt und
diese zu geometrischen Figuren zusammensetzte (pavimentum scctile), war
der erste Schritt zu einer mehr künstlerischen Behandlung des Fufsbodens
gegeben. Schon vor dem cimbrischen Kriege war diese Art des Pavimen-
tum in Italien sehr verbreitet und allgemein beliebt; das erste wahrschein-
lich in größerem Mafsstabe angelegte Estrich wurde aber, wie Plinius (nat.
1115i. XXXVI, 25, 61) berichtet, nach dem Beginn des dritten punischen
Krieges im Tempel des capitolinischen Jupiter angebracht. Aus diesem
pavimentum scctile entstand das pavimentunz tesselatzcan, die eigentliche
Mosaikarbeit, indem man anstatt der gröfseren Steintafeln kleiner, bunt-
farbiger Stifte aus Marmor, untermischt mit anderen kostbareren Stein-
arten, z. B. Achat und Onyx, sowie mit Glasstiftcn, sich bediente, aus