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Die Wandmalerei.
nere, Casa delle baccanti, Casa degli scienziati, Casa delle sonatriei, letztere
mit lebensgrofs gemalten Bildern, ferner die Casa di Adone, di Meleagro
und del poeta tragico die schönsten Beispiele dar. Bald aus gröfseren Com-
positionen, bald aus Einzelliguren bestehend, nehmen dieselben entweder
in viereekiger Einrahmung oder in Medaillonform die Mittelfeldei- der
Wände ein. Als Einzelfiguren begegnen wir von den olympischen Gott-
heiten mehrfach dem thronenden Jupiter und der Ceres. Als Gruppen
erblicken wir Scenen aus dem bacchischen Kreise, wie z. B. die mehrfach
wiederkehrende Darstellung der Auffindung der verlassenen Ariadne durch
Bacchus, ferner den Adonis in den Armen der Venus verblutend, Mars
und Venus, Luna und Endymion, und so manche andere Liebesscenen und
galante Abenteuer der Götter, wie denn überhaupt eine Hinneigung zur
Sinnlichkeit, hier in einer künstlerisch gemilderten, dort in plumper und
gemeiner Form, in vielen Bildern sich geltend macht und einen Rückblick
auf die Sittenlosigkeit damaliger Zeiten thun läfst, welche ein Gefallen
daran fand, Schlafzimmer und Triclinien mit dergleichen lasciven Bildern
zu schmücken. Mit derselben Vorliebe für das Erotische und sentimentale
sind auch viele derjenigen Bilder behandelt, welche Scenen aus der Heroen-
sage zu ihrem Vorwurf haben. Andere hingegen,- und darunter gerade die
am besten componirten und ausgeführten, sind in edler, rein künstlerischer
Weise, ohne jegliche unlautere Beimisehung, aufgefafst. Zu diesen gehören
z. B. die liebliche Darstellung der Leda mit dem Nest in der Hand, in
welchem Helena und die Dioskuren ruhen, die Opferung lphigeniens, die
Unterweisung des jungen Achill im Saitenspiel durch seinen Lehrer, den Cen-
tauren Chiron, sowie die Entdeckung dieses jugendlichen Helden unter den
Töchtern des Lykomedes, die llinwegführung der Briseis aus dem Zelt
Achilfs in das Agamemnon's u. s. w. Von dem schwarzen, braunrothen,
tiefgelben oder blauen Hintergründe heben sich diese mit scharfen Contouren
umzogenen Bilder ab und scheinen, vorzugsweise die auf schwarzen und
blauen Hintergrund gemalten schwebenden Gestalten, gleichsam plastisch
aus der Fläche herauszutreten. Dieser Contrast zwischen dem tiefdunklen
Hintergrunde und den zarten Farben des Gemäldes, die richtige Berechnung
der Lichtelfecte bringen eben den Zauber hervor, welcher uns zunächst bei
dem Beschauen dieser Gemälde ergreift. Doch auch die Darstellungen
selbst, die Anmuth und Lebenswahrheit in den besseren Compositionen,
die unendliche Zartheit, mit welcher die feinen, durchschimmernden Ge-
wandungen um die Körperformen sich schmiegen, die Behandlung der
Farbentöne wirken ebenso wohlthuend auf das Auge und lassen die hier
und da vorkommenden Fehler und Flüehtigkeiten in der Zeichnung, na-