Die Wandmalerei.
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Pompeji und Herculanum durch mehr als fein'Beispiel vertreten. Archi-
tektonische Ansichten zunächst sind auf einer grofsen Menge von Wand-
gemälden dargestellt (Fig. 464); in feinen weifsen oder gelben Contouren
auf dunklem Hintergründe in oft bizarrer Composition gezeichnet, erheben
sich luftige auf dünnen Säulen ruhende Bauwerke, mit gewundenen
Treppen, mit Fenstern, Thüren und Erkern, mit fast chinesisch ausge-
schweiften Dächern und allerlei Schnörkeleien geschmückt, wie sie nur
aus der phantastischen Laune eines Künstlers entspringen können. Masken,
theatralische Darstellungen (Fig. 312) und Tänzerinnen sind unter anderen
in der Casa delle sonatrici, Casa della fontana grande und in der Casa
delle danzatrici erhalten. Scenen aus dem Alltagsleben, wie z. B. das
Innere von Werkstätten, in denen Genien die Stelle der Handwerker ver-
treten, Walker und Färber inmitten ihrer Thätigkeit (F ig. 471, 472), an-
gelnde und die Netze auswerfende Fischer, Winzer, im Begriff aus dem
mächtigen, auf einem Wagen liegenden Weinschlauch ihre Amphoren zu
füllen (Fig. 458), Jagdscenen, landschaftliche Darstellungen von Häfen
(Fig. 373), Gärten und Villen (Fig. 393), Wild, Fische, Schaalthiere und
Früchte in anmllthiger Gruppirung finden wir ebenfalls häufig als beson-
ders eingerahmte Bildchen zur Verzierung der Friese und Sockel, oder
der Hauptfelder auf den Flächen der Wände angebracht. Zu diesem Genre
gehört auch das lebensfrische Bild einer Malerin, welches unter Fig. 465
dargestellt ist. Den Blick fest auf die von ihr eopirte Herme des bärtigen
Fig 465 Bacchus gerichtet, taucht die anmuthige Künst-
' ' lerin den Pinsel in den zur Seite auf einem
M" umgestürzten Säulenstumpf stehenden Farben-
{i l kasten, während in ihrer linken Hand die Pa-
ä) Jette ruht. Ein zu den F üfsen der Malerin neben
, {ggf dem Sockel der Herme knieender Knabe hält
V4 die auf einen Rahmen gespannte Leinewand
mit dem fast vollendeten Bilde des Gottes.
g. Wir wollen, um der Darstellung durch eine
Namentaufe ein vielleicht noch höheres Interesse
Xi lllll B3i Älil zu geben, die Künstlerin Iaia aus Kyzikos nen-
B1 nen, von der Plinius berichtet, dal's sie zu Rom
in der Jugendzeit des Marcus Varro mit dem Pinsel gemalt, auch mit dem
Stichel in Elfenbein vorzüglich Frauenbilder portraitirt und in Neapolis auf
einer grofsen Tafel eine alte Frau, sowie ihr eigenes Portrait aus dem
Spiegel gemalt habe. Von mythologischen und historischen Darstellungen
endlich bieten fast alle Hüuser Pompejis, wie z. B. die Casa delle pareti
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