Volltext: Das Leben der Griechen und Römer

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Die Wandmalerei. 
heren handelt, dal's es Brauch gewesen sei, in Büchersammlungen nicht 
nur die Bildnisse von Männern in Gold, Silber oder Erz aufzustellen, 
deren unsterbliche Geister an diesen Orten zu uns redeten, sondern man 
erfände sogar Dinge, die nicht vorhanden seien, und das Verlangen schaffe 
Gesichtszüge, die Niemand überliefert habe, wie dieses beim Homer der 
Fall sei. 
Bei der Fortsetzung unserer Wanderung durch die Räumlichkeiten 
des Hauses ist es zunächst die decorative Ausschmückung der Wände, 
welche unsere Aufmerksamkeit fesselt. Unwillkürlich drängt sich aber bei 
der Betrachtung der Wandmalereien, wie sie die meisten l-läilser in Pompeji 
und Herculanum aufzuweisen haben, eine Vergleichung des Sonst und Jetzt 
auf. Was istgder cinförmige Anstrich unserer Zimmerwände, welchem 
nur etwa durch eine schmale, anders gefärbte Borte oder durch eine 
Schablonenverzierung der Decke etwas von seiner Nüchternheit genommen 
wird, was sind die bis zur Ermüdung sich wiederholenden Arabesken auf 
unsern Tapeten gegenüber dem mannigfachen, dem Auge wohlthuenden 
Wandschmuck römischer Gebäude? Freilich besitzen wir zur Veranschau- 
lichung römischer Zimmerdeeorationen, wenn auch überaus reichhaltige, 
doch immerhin nur zwei Provinzialstädten angchörcnde Proben, während 
die Wandgemälde der Thermen, Paläste und Villen in der Hauptstadt 
selbst, sowie an anderen Orten des Reiches bis auf wenige Fragmente zu 
Grunde gegangen sind. Jene in Herculanum und Pompeji erhaltenen Bei- 
spiele genügen aber vollkommen, wenn auch aus ihnen kein Schlufs auf 
die Blüthe griechischer Malerei gezogen werden darf, uns einen Bcgrilf 
von der Bemalung der Zimmer zu geben. Inwieweit bei den Griechen die 
Sitte verbreitet war, ihre Privatwohnungen in dieser Art auszusehmücken, 
wissen wir freilich nicht, da das griechische Privathaus spurlos ver- 
schwunden ist, und die schriftlichen Zeugnisse fast aussehliefslich nur jene 
grofsen Wandgemälde erwähnen, mit welchen die öffentlichen Gebäude 
Griechenlands geschmückt worden sind. Es lag jedoch zu sehr in der hei- 
teren Lebensanschauung des Hellenen, die Gegenstände seiner unmittelbaren 
Umgebung künstlerisch" und in einer dem Auge wohlgefalligen Form zu ge- 
stalten, als dafs wir nicht zu der Annahme berechtigt sein dürften, dal's 
auch die Griechen diese Richtung der Malerei zum Schmuck ihrer Privat- 
Wohnungen cultivirt haben und hierin wiederum als Lehrmeister der Römer 
aufgetreten seien. Mit dem Einzug griechischer und orientalischer Eleganz 
in das atriwnz frugi nee tamen sordidzowz des altrömisehen Wohnhauses 
wurde die Bemalung der Wände der Zimmer allgemein und vielleicht 
sogar in einem ausgedehnteren Mafsstabe ausgeübt, als dies jemals bei
	        
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