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Die Basiliken.
Es hatte nämlich bei 15 Fufs Tiefe eine Breite von 46 Fufs, damit, wie
er hinzufügt, diejenigen, welche bei den Magistraten stehen, um den Ver-
handlungen beizuwohnen, nicht von denjenigen behelligt würden, welche
in der Basilica ihrem Verkehr nachgingenl. In der ersten Stelle scheint
der Verkehr die Hauptsache, in der zweiten die Gerichtsverhandlung, d. h.
mit anderen Worten: für Vitruv sowohl, als für seine Leser war die Ver-
bindung jener beiden Zwecke selbstverständlich, und er konnte nach Er-
fordern den einen oder den anderen derselben besonders hervorheben. Die
Vorschriften selbst, die er für die Anlage der Basiliken giebt, sind sehr
einfacher Natur. vlhre Breite sei nicht unter dem Drittel, noch über die
Hälfte ihrer Länge, wenn die Beschaffenheit des Ortes es anders zuläfst
und nicht ein anderes Verhältnifs nothwendig macht. Ist aber der Ort
von sehr ansehnlicher Länge, so bringe man an den Enden Ckalcidilcen
anal Diese Chalcidiken scheinen hier nur als Säle verstanden werden zu
können, welche den schmalen Seiten der Basiliken hinzugefügt wurden,
um die über die oben angegebenen Verhältnisse hinausgehende Länge des
zu benutzenden Raumes auszufüllen. Der weiteren Beschreibung nach zer-
fällt dieser Raum der Länge nach in drei Theile, von [denen die beiden
seitlichen als porticus bezeichnet werden und ein Drittel des mittleren
Raumes zur Breite bekommen sollen. Dieser Breite gleich soll die Höhe
der Säulen sein; über dem ersten Porticus befindet sich ein-zweiter, dessen
Säulen um ein Viertel niedriger sein sollen als die unteren; zwischen ihnen
befindet sich eine hohe Brüstung. Aus der darauf folgenden Beschreibung
der oben erwähnten Basilica zu Fanestrum ergiebt sich, dafs alle Räume
überdeckt waren. Aus der Gesammtheit der vitruvischen Mittheilungen gehen
nun allerdings die Grundzüge für die Bedeutung und Anlage der römischen
Basiliken hervor; indessen sind dieselben weit davon entfernt, als fest-
stehende Regel für alle derartigen Gebäude gelten zu dürfen. Wir haben
bei Gelegenheit der Tempelformen schon darauf aufmerksam gemacht, wie
oft die thatsächlich erhaltenen Bauten von den Regeln Vitruv's abweichen.
Auch hier können die Vorschriften des Architekten nur etwa für eine
Gattung mafsgebend sein, und wir sind vollkommen berechtigt anzunehmen,
dal's in der Wirklichkeit, in Folge der mannigfachen Bedürfnisse, welche
das Leben selbst hervorbrachte und welche schliefslich aller schematisirenden
Regeln spotteten, gar viele Abweichungen und zwar selbst in den wesent-
1 Rode S. 101: uti eos, qui apud magistratw starent, negotiantes in basilica ne
impedirmt. Dagegen lautet die Stelle bei Schneider S. 117: uti, qui apud magistratus
atarent, negotiantes in basilica m: impedirent; wonach auch hier das Interesse des Ver-
kehrs in den Vordergrund gestellt erscheint.