Der rämische Privatbau.
Haus des Pansa zu Pompeji.
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theil der entgegengesetzten Seite nimmt eine Bäckerei nebst dazu gehöriger
Mühle ein welcher sich noch drei Verkaufslokale (tabernae) nebst
dazu gehörigen kleineren Wohnzimmern anschliefsen. Zwischen zwei ein-
zeln vermietheten Läden befindet sich der Eingang zum Wohngebäude.
Ein schmaler Flur (vestibulum, 1)' führt in das geräumige Atrium (2, 2),
dessen Impluvium auf unserem Plane mit 3 bezeichnet ist und in welches
sechs Seitengemächer (cubicula) durch Thüren münden, während zwei
andere, in ihrer ganzen Weite sich öffnend, gleichsam Seitenflügel des
Atrium bilden, wie sie denn auch gewöhnlich als alae bezeichnet werden
(vgl. das griechische Haus Fig. 91, 4 und 5, und Fig. 92). Dem Eingange
gegenüber liegt, vollständig unserer obigen Beschreibung entsprechend, das
Tablinum das aufser seiner Lage auch durch das besonders sorgfältig
behandelte Mosaikpflaster des F ufsbodens als Hauptraum charakterisirt ist.
Obschon nach beiden Seiten des Hauses sich vollständig öffnend, diente
es doch nicht zur Communication, für welche der rechts vom Tablinum
angebrachte schmale Gang (fauces, 5) bestimmt war. Links davon, dem
Atrium des Hauses zugewendct, liegt ein ziemlich grofses Gemach das
einen ähnlichen Mosaikfufsboden zeigt, wie das Tablinum, und in welchem
Ueberrcste von Schriftrollen vorgefunden worden sind, so dal's man das
Archiv oder die Bibliothek des Besitzers in demselben zu erkennen geglaubt
hat. Auf der entgegengesetzten Seite, durch die fauces vom Tablinum
getrennt, befindet sich ein kleineres Zimmer, dessen Eingang aber dem
Peristyl zugekehrt ist. Vielleicht war es, wie man aus einer nischenartigen
Vertiefung für das Lager schließen möchte, ein Schlafzimmer. Nun folgt das
schöne und regelmäßige Pcristylium dessen offener Mittelraum (8) von
sechzehn zierlichen Säulen ionisch-korinthischer Ordnung umgeben ist;
der Boden desselben wird durch ein Bassin (piscina) eingenommen, dessen
etwa 6 Fufs hohe Seitenwände mit Fischen und Wasserpflanzenbemalt
sind. In den Umgang des Peristyls münden verschiedene Räume, von denen
die auf der linken Seite vom Eingang als Schlafzimmer (cubicula) zu be-
trachten sind. Ein gröfscrer Raum auf der rechten Seite mag als Tricli-
1 Von einigen Schriftstellern wird unter Vestibulum ein freier Platz vor dem Hause
(nach Vitruvius VI, 8) verstanden. In Pompeji ist indefs kein einziges Beispiel eines vor
dem Hause liegenden Vestibulum aufgefunden worden, auch scheint die Bedeutung des
Worles selbst von den Allen verschieden aufgefafst worden zu sein. Eine Ausgleichung
zwischen beiden Ansichten würde es vielleicht bilden, wenn man auf unserem Plane nur
den kleinen, vor der eigentlichen Thür (ostium, janua), aber innerhalb der Flucht des Hauses
liegenden Vorraum als Vestibulum bezeichnete. Für den darauf folgenden Gang oder Flur
würde dann der vitruvisehe Ausdruck iter zu gebrauchen sein.