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Der römische Privatbau.
75. Von den Bauten, welche die Sicherstellung des Lebens Aller,
sowie die Förderung des gemeinen Nutzens zum Zweck hatten, wenden
wir uns zu den Wohnungen der Einzelnen. So treten wir dem römischen
Privatbau näher und werden finden, dal's auch hier dieselbe Mischung
altitalischer und griechischer Elemente stattfindet, welche wir im Vorher-
gehenden an den Tempeln sowohl, als auch an den Schutz- und Nutz-
bauten nachweisen konnten.
Um die Eigenthiimlichkeit des römischen Hauses im Gegensatz zu
dem griechischen (s. o. 522) kennen zu lernen, haben wir uns zunächst
die drei wichtigsten Räume oder Theile des ersteren zu vergegenwärtigen,
wie dieselben jetzt nach dem zahlreich vorhandenen und im Wesentlichen
übereinstimmenden Ueberresten als feststehend und allgemein anerkannt
betrachtet werden können. Es ist bekannt, dal's ein im Jahre 63 n. Chr.
stattgefundener Ausbruch des Vesuv die am Fufs desselben belegenen
Städte Pompeji, Stabiae und Herculanum überschüttet hat. Von diesen
ward Pompeji, während jene beiden anderen Orte durch Lavaströme heim-
gesucht wurden, nur durch einen Aschenregen überdeckt, der zwar mächtig
genug war, um alles Leben zu ertödten und die Stadt vollkommen zu
überdecken, der es indefs möglich machte, in späterer Zeit durch Ab-
tragung der inzwischen auf jener Stätte gebildeten und durchweg ange-
bauten Erde und der unmittelbar die Gebäude bedeckenden Asche, die
letzteren, soweit sie nicht durch Brand beschädigt sind, in ihrem ur-
sprünglichen Zustande blofszulegen. So ist uns das Bild einer Pro-
vinzialstadt erhalten, die, obschon ihrer Gründung nach wahrscheinlich
oskisch-samnitisch, ihrer weiteren Entwickelung nach griechischl, doch
vermöge ihrer langen Zusammengehörigkeit mit dem römischen Reiche
in ihrer gegenwärtig vorliegenden Gestalt als eine wesentlich römische
betrachtet werden darf, und wie wir schon bisher einige der dort er-
haltenen Monumente als Proben römischer Kunst und Sitte anführen
konnten, so dürfen uns auch die Wohnhäuser als Belege des mit grie-
chischen Elementen durchzogenen Privatbaues gelten, von dem uns sonst
fast alle Uebcrreste versagt sind.
Danach nun zerfällt das römische Haus der geschichtlichen Zeit in
drei Haupttheile: in einen vorderen, theilweise bedeckten Raum, atrium,
in einen mittleren, ganz bedeckten, tablinum, und in einen an dieses sich
anschließenden, mit Säulen umgebenen offenen Hof, peristylium. Unter
des
Tempel
1 Davon geben einige der älteren Baureste Kunde, wie z. B. der sogenannte
Hercules vollständig die altdorische Bauweise der Griechen zeigt.