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Römischer Hafenbau.
Hafen von Centumcellae.
S. 367), nachdem er die Wasserbauten der Aegypter und Babylonier er-
wähnt, nzeigen sich der Hafenbau, die Ablässe und die Wasserleitungen
in einem Umfang und einer Gröfse, dal's nicht leichtein anderer Bau da-
mit in Vergleich kommt, wenn man den Umfang der dabei verwendeten
Unkosten in Betracht zieht. Selbst der ungeheure Aufwand in dem goldenen
Hause des Nero verschwindet gegen den Hafenbau von Ostia, den Ablafs
des fucinischen Sees und die beiden grofsen Wasserleitungen, die aqua
Claudia und die Anio nova: alles Werke des Claudius. Mit Recht sind
die Alten in jeder Gattung von Bauführungen unübertreffbar zu nennen;
und doch scheint es, dal's sie in den Werken des Wasserbaues sich selbst
noch übertroffen habenß Was zunächst die Hafenanlagen betrifft, so
haben wir solche schon bei den Griechen kennen gelernt (vergl. oben
Q2O), und zwar in einzelnen Fällen von grofsem Umfange. Vergleichen
wir nun aber mit diesen und ähnlichen Werken die Leistungen der Römer
auf diesem Gebiete; so macht sich ein ähnlicher Unterschied zwischen den-
selben ge.ltend, wie wir oben 71) schon bei den Wegeanlagen hervor-
gehoben haben. Hier wie dort läfst sich bei den Griechen ein Anschlufs
an die natürlichen Bedingungen des Bodens erkennen, denen sie sich fügten
und {denen sie ihre eigenen Arbeiten möglichst anzupassen suchten; wo-
gegen die Römer, ohne natürlich die günstigen Bedingungen eines be-
stimmten Locales zu verschmähen, doch mit einer gröfseren Selbständigkeit
verfahren, eigenmächtiger in die Natur eingriifen und was die Natur selbst
versagte, mit einer gewaltigen Willenskraft zu schaden Wufsten.
Während man sich z. B. in Griechenland, um bei den Haufenbauten
stehen zu bleiben, in den meisten Fällen damit begnügte, die natürlichen
Buchten und Vorsprünge des Ufers (an denen allerdings die griechischen
Küsten viel reicher als die Italiens sind) zu benutzen, zu erweitern und
durch Dammbauten zu schützen, standen die Römer nicht an, derartige
Anlagen auch da zu unternehmen, wo die natürliche Küste als solche gar
keinen Anhaltpunkt darbot. Waren keine Vorsprünge und keine Buchten
vorhanden, so baute man Dämme und Mauern so weit in's Meer hinein,
dal's ein gesicherter Platz für die Sehiife entstand; ja es kam vor, dal's
mitten im Meere künstliche Inseln geschaffen wurden, um den Eingang
eines ebenso künstlich hergestellten Hafens gegen die Gewalt der Meeres-
iluthen sicher zu stellen. Letzteres wird besonders von dem Hafen er-
wähnt, welchen Kaiser T rajan zu Centumcellae (dem heutigen Civitavechia)
anlegte und von dessen Fortschritten der jüngere Plinius (6, 31) während
des Baues selbst einige Mittheilungen machte. Danach war man gleich-
zeitig mit dem Bau der beiden grofsen in das Meer hineinragenden Molen,