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Tempel am Ilissos.
Sänlenumganges.
Bildung des
sondern besteht aus einer ununterbrochenen Fläche von der Höhe des
Architravs, die mit den obenerwähnten Basrcliefs geschmückt ist. Darauf
folgt das Kranzgesimse (yswov), welches, ohne die Einfachheit und Schwere
des dorischen Kranzgesimses an sich zu tragen, vielmehr in leichterer und
freierer Weise aus verschiedenen Gliedern zusammengesetzt ist.
Der Giebel an der vorderen und- hinteren Seite ist ähnlich dem des
dorischen Tempels gebildet, nur dal's derselbe etwas höher ansteigt, und das
Fig 19. denselben einfassende Karniefs dem
Geison des Gebälkes entspricht.
'67" r ZurVergleichung fügenwirunter
Ü (ö Fig. 19 den Grundrifs 1 des oben er-
k B C wähntenTempels hinzmdenstuart
(Q I Q am südlichen Ufer des Ilissos nicht
.1 I A_ C weit von der Quelle Enneakrunos
L aufgefunden hat. Dieser Tempel
diente zu Stuarfs Zeiten, als
christliche Kirche, ist aber jetzt gänzlich verschwunden. Er war ebenfalls
ein Amphiprostylos ionischer Ordnung, dessen Eintheilung in Cella A, Pro-
naos B und Posticum C ganz den oben ausgeführten Grundsätzen entsprach.
9. Die vollständigste Anwendung der Säulen findet statt, wenn man
diese nicht blos, wie dies im Amphiprostylos der Fall gewesen war, vor
der vorderen und hinteren Seite des Tempels aufstellt, sondern gleich-
mäfsig um alle vier Seiten desselben umheriiihrt.
Dies ist die letzte und vollkommenste Form, zu welcher man in der
Verbindung der Säulen mit dem Tcmpelhause gelangen konnte und zu
welcher die verschiedenen Entwickelungsstufen, die wir bisher betrachtet
haben, mit einer gewissen Nothwendigkeit hinführen mufsten? Nun erst
haben wir ein Tempelhaus, das des Säulenschmuckes auf keiner Seite
entbehrt, das sich, durch eine ununterbrochene Halle geziert, nach allen
Seiten gleich schön und reich gegliedert darstellt, ohne die für jeden voll-
kommenen Bau nothwendige organische Einheit aufzugeben. Daher ist es
1 Die innere Breite der Cella beträgt 15' 9" engl.
2 Geschichtlich läfst sich diese allmälige Entwickelung allerdings nicht sicher nach-
weisen, indem schon die ältesten uns bekannten Denkmäler den vollständigen Säulenumgang
zeigen. Daher sind denn auch die oben angeführten Tempel, mit Ausnahme des auf dem
Berge Oeha befindlichen, nicht der Zeit nach als Vorläufer der nun folgenden zu betrachten,
sondern nur als Beispiele einer vor dem Beginne unserer historischen Kenntnifs liegenden
Erweiterung des Tempelbaus, dessen einzelne Formen und Stufen auch nach Herstellung
des Peripteraltempels beibehalten wurden.