Römischer Wegebau.
399
deren Erweiterung bis Ariminum in der via Flaenzivzia entstanden; so
führte die Unterwerfung der Bojer am Po zur Anlage der m'a Aemilia,
die der Gallier und der germanischen Völker zur Anlage des grofsartigen
Straßennetzes in den Alpenländern und in den Rhein- und Donaugegen-
den, und leicht liefse sich aus der Geschichte der Heerstrafsen die allmälige
Erweiterung des römischen Staatsgebietes selbst nachweisen. Dies ist der
umfassendere politische Gesichtspunkt, aus welchem die Römer den Wege-
bau betrieben und welcher bei den Griechen schon aus dem einfachen
Grunde nicht zur Anwendung gelangen konnte, weil die zahlreichen kleinen
Staatsgebiete in Griechenland mit seltenen Ausnahmen stets in ihrer Ver-
einzelung beharrten, und das Bcdürfnifs eines festen Zusammenschlusses
entfernter Gebiete mit einer gemeinsamen Hauptstadt zum Zwecke eines
politischen Verbandes entweder gar nicht oder nur ausnahmsweise sich
geltend machte. Und wie so die letzten Zwecke der Wegeanlagen wesent-
lich verschieden waren, so läfst sich eine solche Verschiedenheit auch in
der Art ihrer Ausführung sehr deutlich erkennen. Es ist bemerkt worden,
dal's die griechischen Wege und Strafsen, selbst wo sie kunstgemäfs ge-
führt waren, sich mehr der Natur und den Bedingungen des Bodens an-
schlossen und auch Umwege nicht scheuten, wo entweder die Bequemlich-
keit der Reisenden oder alter Brauch dazu einluden. Ganz anders bei den
Römern. Mit derselben staunenswerthen Energie, die dem politisch ent-
wickelten und militairisch geschulten Volke fast auf allen Gebieten seiner
Thiitigkeit eigen war, verfolgen "sie bei der Anlage der Wege nur den
einen Zweck, möglichst direct zu bauen, in möglichst gerader Linie die
beiden Zielpunkte der Strafse mit einander in Verbindung zu setzen. Das
gemüthliche Anschliefsen an die natürlichen Bodenverhältnisse hört auf,
und anstatt sich den letzteren zu fügen, sucht sie der Römer vielmehr
zu beherrschen und zu bewältigen. Wo sich Berge entgegenstellen, wer-
den sie durchbrochen; wo eine Senkung des Bodens die -gleichmäfsige
Fortführung des Weges zu verhindern droht, wird dieselbe durch Dämme
und Steinbauten ausgeglichen; wo tiefe Thalgründe oder reißende Ströme
die einmal eingeschlagene Richtung durchschneiden, werden sie mit kühnen
Bögen überbrückt, die in vielen Fällen noch lieut das Staunen der Nach-
welt erregen, obschon unsere Neuzeit in allen technischen und insbesondere
in den mechanischen wie wissenschaftlichen Hülfsmitteln der Architektur
die Römer bei weitem hinter sich gelassen hat.
Von den Durchbrechungen von Bergrücken, die sich dem Zuge der
Strafsen widersetzten, begnügen wir uns, die sogenannte Grotte des Po-
silippo bei Neapel anzuführen, welche noch täglich von Tausenden passirt