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Der römische Rundtempel.
Monopteros.
ebenfalls kreisförmig gebildeten Gebälkes das Dach trugen, welches ent-
weder durch Holzwerk oder durch eine gewölbte steinerne Kuppel ge-
bildet wurde. Diese Tempel, in deren Mitte die Statue der darin verehrten
Gottheit aufgestellt gewesen zu sein scheint, hatten somit keine durch
Mauern abgeschlossene Cella, und es mag dieser fehlende Abschlufs, wie
aus einer erhaltenen Reliefdarstellung hervorgeht, durch Gitter zwischen
den Säulen ersetzt worden sein. Beispiele dieser Anlage sind in Wirklich-
keit nicht erhalten. Nach einer Münze des Augustus scheint der von
Fig_ 331 diesem Kaiser_ auf dem Capitol errichtete Tempel des
K"? Mars Ultor (von dem späteren Prachttempel wohl zu
"f unterscheiden) ein Monopteros gewesen zu sein, wäh-
KE rend eine andere Münze (Fig. 337) einen ebenfalls offe-
nen Vestatempel mit der Bildsäule der Göttin darstellt.
("l Ueber derselben wölbt sich eine Kuppel, auf deren
Spitze sich eine blumcnartige Verzierung befindet, ent-
sprechend den Vorschriften Vitruv's, welcher (IV, 7) für die die Kuppel
zierende Blume (flos) ein bestimmtes Mafs angiebt. Bei der Ungenauigkeit
indefs, welche in derartigen bildlichen Darstellungen von Gebäuden nicht
selten obwaltet, könnte mit der obigen Abbildung auch der zu Rom be-
findliche und noch jetzt erhaltene Vestatempel gemeint sein, obschon der-
selbe der zweiten der von Vitruv angegebenen Formen der Rundtempel
angehört.
Die Tempel dieser zweiten Gattung waren ebenfalls auf einem kreis-
förmigen Stylobat errichtet; die freistehenden Säulen umschlossen aber
eine runde Cella, die mit einer über die umgebende Säulenhalle hervor-
ragenden Kuppel überdeckt war. Diese Anordnung nun zeigt der oben
erwähnte, durch seine spätere Umwandlung in einen christlichen Tempel
vor der Zerstörung geschützte Tempel zu Rom (bei S. Maria in Cosmedin),
der gewöhnlich als Heiligthum des Hercules Victor bezeichnet wird, wäh-
rend er nach Anderer Ansichten der Vesta gewidmet war. Der berühmte
Vestatempel, welcher jetzt freilich spurlos verschwunden ist, lag vielmehr
am Fufs des Palatin, in der Nähe der Kirche S. Maria Liberatrice, ein
wenig seitwärts von der Via sacra.
Sicherer scheint die Annahme eines Vestatempels bei den schönen
Ueberresten verbürgt, welche sich zu Tivoli erhalten haben. Dieselben ge-
statten eine vollständige und zuverlässige Restauration. Wir erblicken hier
einen der schönsten jener Rundtempel, die von Vitruv als Peripteros be-
zeichnet werden. Fig. 338 stellt denselben im Grundrifs, Fig. 339 im
Aufrifs dar, wie derselbe von Valladier nach den erhaltenen Resten sorg-