wichtiges Element in der Gestaltung des öffentlichen Lebens der Römer
so viel als möglich zu veranschaulichen, mufs auch der Säulenordnungen
Erwähnung geschehen, in deren veränderter Form und Durchführung der
veränderte Geschmack und somit das Wesen des Volkes selbst zum Aus-
druck gelangten. In dieser Beziehung ist nun zunächst zu bemerken,
dal's die verschiedenen Säulcnordnungen, wie wir sie schon bei den
Griechen kennen gelernt haben, auch von den römischen Architekten
angewendet worden sind. So können wir als Beispiele der dorischen Ord-
nung den vorher erwähnten Tempel des Quirinus zu Rom und den Her-
culestempel zu Cori anführen, sowie mehrere andere Proben dorischen
Styls, welche von Canina (Arcbitettura romana tav. 67) zusammengestellt
sind. Sie zeigen allerdings die allgemeinen Formen der griechischen Bauten,
jedoch meist entfernt von deren Reinheit und feiner Berechnung, oft mifs-
verstanden und nicht selten willkürlich verändert. Der dorischen in der
Hauptsache nahe verwandt ist die von den Römern nicht selten in An-
wendung gebrachte toscanische Ordnung. Dieselbe beruht auf einer schon
in früher Zeit erfolgten Uebertragung der griechischen Formen und auf
deren Umbildung durch die Etrusker, von denen sie die Römer entlehnt
und in ein bestimmtes System gebracht haben. Die darauf bezüglichen
Anweisungen hat Vitruv zusammengestellt; dazu kommen einige höchst
alterthiimliche Ueberreste dieser Ordnung, die an und auf etruskischen
Gräbern gefunden worden sind (vgl. insbesondere die Säulenfragmente der
Cucumella von Vulci), wie endlich einige jüngere Proben dieses Styls an
späteren römischen Gebäuden, so dal's man eine Wiederherstellung jener
altetruskischen Säulenordnung unternehmen konnte. Für uns genügt es,
auf die unter Fig. 324 dargestellte Facade des capitolinischen Tempels zu
verweisen, die nach Mafsgabc dieser verschiedenen Gesichtspunkte in tos-
canischer Ordnung restaurirt ist.
Auch die ionische Säulenordnung ist an römischen Bauten angewendet
worden. Es zeigen dieselbe unter anderen ein kleiner Tempel zu Tivoli
(s. u. Fig. 328), sowie der noch heut erhaltene Tempel der Fortuna virilis
zu Rom und der des Saturn am römischen Forum; am Colosseum (s. u.
585) wie am Theater des Marcellus ist das zweite Stockwerk mit ioni-
schen Halbsäulen verziert, und auch in Pompeji sind einige, wenn auch
nur Wenige Ueberreste dieses Styls aufgefunden worden. Fast alle diese
Beispiele haben mehr oder weniger erhebliche Abweichungen von der rein
griechischen Form erlitten. Vor allem ist es der feine Schwung des Canals
und der Spirallinie der Voluten, welcher sich immer mehr verliert, wie
ja denn selbst die grofsen ionischen Tempel in Kleinasien von der Feinheit