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den Griechen beobachten können, begründet, nun auch die Säulen ganz
frei an der zu zierenden und sich öffnenden Seite des Tempels hervor-
treten zu lassen. Die übrige Anlage der heiligen Gebäude wurde dadurch
nicht weiter berührt und konnte vollständig dieselbe bleiben, wie dies
bei dem Antentempel der Fall war.
Ein Beispiel dieser Anlage bietet der kleine ionische Tempel dar,
den man in der Nähe der grofsen Tempel zu Selinus gefunden hat und
B Fig_16_ A dessen Grundrifs auf Fig. 16 darge-
l 1 stellt ist. Selinus, an der südwest-
" i? liehen Küste von Sicilien gelegen, war
u l l l eine Colonie der dorischen Stadt Me-
l 7' gara, von deren Bewohnern überhaupt
H l i E sehr viele Pilanzstädte gegründet wor-
i l den sind. Insbesondere richtete sich
ihre Aufmerksamkeit schon sehr früh
l - g - auf Sicilien, wo sie. nachdem ver-
1' z" im" schiedeiie andere Gründungen vorauf-
gegangen waren, etwa um die 37. Olympiade auf der Südwestküste (viel-
leicht mit Benutzung einer älteren pliönicischcn Gründung) die Stadt Selinus
anlegten. Der Reichthum an Botlenproducten aller Art, sowie die günstige
Lage machten die Stadt sehr bald zu einem bedeutenden Emporium,
und mit dem daraus hervorgeheiiden Wohlstande ging bald eine künst-
lerische Bildung Hand in Hand, von der uns in den noch vorhandenen
Ruinen dorischen Styls die vortrelilichsten Belege erhalten sind. Aufser
diesen Ruinen dorischer Ordnung (s. Fig. 21. 23. 33.) hat man daselbst
ein kleines Heiligthum aufgefunden, welches eine eigenthiimliche Verbindung
dorischen und ionischcii Styles zeigt und welches neuerdings als Tempel
des Empedokles eine ausführliche Beschreibung und Darstellung unter
Wiederherstellung des ursprünglichen Farbenschmuclxes gefunden hat. Auf
einem Stufenunterbau von etwa 21 Fufs Höhe erhebt sich das Tempelchen,
welches etwa 15 Fufs hoch ist und dessen Anlage ganz dem Tempel der
Themis entspricht. Wir haben die Cella A und den Pronaos B, der nun
aber so gebildet ist, dafs die zur Zierde desselben bestimmten Säulen
nicht mehr zwischen, sondern vor den Aiiten aufgestellt sind.
Die Säulen sind nach Analogie der dorischen Ordnung stark ver-
jüngt, haben aber eine Basis und ein ionisches Capitell; sie sind in einer
mehr der dorischen als der ionischen Ordnung entsprechenden Weise can-
nelirt. Das Gebälk entspricht ebenfalls der dorischen Ordnung; auf dem
Architrav aber sind durch Farbe drei Streifen übereinander angegeben;