354
Einüüsse Griechenlands auf das römische Leben.
das Gebälk und die Verzierung desselben durch Triglyphen und Metopen
bestimmt. Die Bildwerke, welche den Giebel zierten, bestanden nach
etruskischer Sitte aus gebranntem Thon.
63. In den vorigen Paragraphen sind die heimischen Bestandtheile der
römischen Tempelbaukunst nachgewiesen, die ihren vollkommensten Aus-
druck in dem toseanischen Tempel fanden. Wir sahen, dal's dessen An-
ordnung durch altitalische Cultgebräuche bedingt war; die Detailbildung,
die nach Vitruv's Vorschriften über die toscanische Säulenordnung bei jenen
früheren Bauten vorausgesetzt werden mufs, erinnert an griechische Formen,
und sie kann als Beweis dienen, wie der auch auf anderen Gebieten des
römisch-italischen Lebens oft nachgewiesene griechische Einilufs schon in
sehr früher Zeit bei baulichen Anlagen sich geltend machte; ein Einflufs,
den die Betrachtung altitalischer Gräber und Maueranlagen noch deutlicher
herausstellen wird.
Wenn man nun aber die Geschichte der römischen Gesittung weiter
verfolgt, so findet es sich, dafs jener griechische Einflufs in steter Steige-
rung begriffen ist. Während der Königszeit, der die oben erwähnte Aus-
bildung des toscanischen Tempels angehört, waren die Beziehungen der
Italiker zu den Griechen sehr einfacher Art; sie scheinen mehr durch "den
unwillkürlichen Einilufs der natürlichen Verkehrsverhältnisse bedingt ge-
wesen zu sein, als durch absichtliche und bewufste Aufnahme griechischer
Sitten und Lebensformen. Ja auch das auf diese Weise nach Latium Ver-
pflanzte mochte hier bei der grofsen Einfachheit aller Verhältnisse und dem
geringen Reichthum der Mittel nur eine sehr unbedeutende Nachwirkung
und Entfaltung erlangen, während die gröfsere Ruhe und der gröfsere
Reichthum Etruriens beides in einem viel höheren Grade gestattete; hieraus
läfst es sich denn leicht erklären, dal's die Römer selbst die Etrusker als
Vermittler zwischen sich und der griechischen Bildung betrachten konnten;
eine Anschauung, die sich trotz des Bestrebens der neueren Forschung,
diesen Einflufs immer mehr in Frage zu stellen, bei den Römern selbst
unzweifelhaft vorgefunden und lange erhalten hat.
Seit der Vertreibung der Könige jedoch mehren sich die Einflüsse
Griechenlands auf die italischen Sitten. Es ist dies der Zeitpunkt, wo
das Wesen des römischen Volkes sich freier und lebendiger entfaltete und
wo dasselbe bei der nothwendigen Neugestaltung der Staats- und Rechts-
verhältnisse auch den Blick auf fremde vorgeschrittene Nationen zu richten
gezwungen war; es ist zugleich die Zeit, in welcher der höchste Auf-
schwung der griechischen Nation stattfand, und in deren Staats- und