Der Tod
und die Leichenbestattung.
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solche Klagescene am Sterbebette glauben wir in der Reliefdarstellung auf
einer etruskischen Aschenkiste zu erkennen (Fig. 317). Umgeben ist hier
der auf der Kline ruhende Todte von drei
Fig'317' Weibern, welche unter Begleitung der Flöte
(wie, die Todtenklage anstimmen, während die am
kxyl (l Kopfende des Lagers stehende Frau mit den
Affii" Händen ihr Gesicht zu zerileischen scheint; die
4 1- kleinere neben der Bahre stehende Person aber,
R2! i deren Haltung der Arme den tiefen Schmerz
K ausdrückt, kann wohl auf den Sohn des Ver-
storbenen gedeutet werden. Der Ausstellung der Leiche folgte am frühen
Morgen des folgenden Tages die eigentliche Todtenbestattung (äxgpogd).
Unter dem Vortritt eines gemietheten Chors von Männern, welche Klage-
lieder anstimmten (ägqwpdoi), oder einer Schaar von Flötenbläserinnen
(xagivaz) gingen die männlichen Leidtragenden in schwarzen oder grauen
Gewändern und mit abgeschnittenem Haare der gewöhnlich von Verwandten
und Freunden getragenen Bahre voraus. Hinter derselben reihte sich das
weibliche Leichengefolge an, doch durfte dasselbe, nach dem solonischen
Gesetze, aufser den nächsten Verwandten, nur aus Frauen, welche bereits
das sechszigste Lebensjahr überschritten hatten, bestehen. Schön aber war
jedesfalls die althergebrachte Sitte, nach welcher der Staat die Gebeine
seiner für das Vaterland gefallenen Söhne auf ölfentliche Kosten bestatten
liefs. Hören wir die Beschreibung des Thukydides (II. 34): wNach her-
gebrachter Sitte veranstalteten die Athener für die zuerst in diesem Kriege
Gefallenen eine öffentliche Bestattung in folgender Weise. Drei Tage zuvor
errichteten sie ein Zelt, in welchem sie die Gebeine der Gefallenen zur
Schau ausstellten, und ein Jeder bringt dort, wenn er will, seinen An-
gehörigen Opferspenden dar. Bei der darauf folgenden Bestattung werden
auf Wagen, von denen für jede Phyle einer bestimmt ist, Särge von
Cypressenholz fortgeführt; in dem Sarge jeder Phyle liegen die Gebeine
der Angehörigen. Eine leere, bedeckte Kline wird für die Vermifsten,
deren Gebeine man nicht aufgefunden hatte, getragen. Es begleiten aber
den Zug wer da will von Bürgern und Freunden, auch die angehörigen
Frauen finden sich wehklagend zur Bestattung ein. Sie bestatten die Ge-
beine in einem öffentlichen Grabe in der schönsten Vorstadt von Athen.
Dieser Ort dient stets zur Bestattung der im Kriege Gebliebenen, mit
Ausnahme der bei Marathon Gefallenen; diese begrnb man, ihre Tapfer-
keit fur ausgezeichnet erachtend, zur Stelle. Haben sie nun die Gebeine
mit Erde bedeckt, so hält ihnen ein von der Stadt gewählter Mann, dem