Volltext: Das Leben der Griechen und Römer

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Der Tod und die Leichenbestattung. 
einem Drachen getödtet worden war. Hypsipyle, die fahrlässige Wärterin 
des Knaben, steht zur Seite der Bahre, im Begriff, den Myrthen- oder ' 
Eppichkranz auf das lockige Haupt des Todten zu setzen, während eine 
zweite jüngere, am Kopfende der Kline stehende, weibliche Gestalt mit 
einem Sonnenschirme das Lager beschattet, womit nach Gerhards Meinung 
der Künstler vielleicht auf die alte Vorstellung hindeuten wollte, nach der 
das Licht des Helios den Todten zur finsteren Behausung geleiten sollte 
und ein nächtliches Begräbnifs sogar für schimpflich galt (Eurip. Troad. 
4461  ZOMÖ; xwroig raqnfoq vvxzög, 05x äv viizägqe). Am Fufsende des 
Lagers sehen wir den Pädagogen, den aufser der Inschrift auch seine 
Tracht als solchen kennzeichnet, herbeieilen, in der gesenkten Linken eine 
Leier haltend, vielleicht um sie den Liebesgaben, welche die unterirdische 
Wohnung des Gestorbenen schmücken Sollten, hinzuzufügen. Noch machen 
wir auf die unter dem Lager stehende Giefskanne aufmerksam, deren Inhalt 
ohne Zweifel als Spende für den Todten gedient hatte. Dem Pädagogen 
zur Seite erscheinen zwei Opferdiener, ein jüngerer und ein älterer, beide 
mit Chiton, Chlamys und Endromides bekleidet und auf ihren Köpfen vier- 
füfsige niedrige Opfertische tragend, welche mit täniengeschmückten Opfer- 
gaben, bestehend in einhenkligen Krügen, Kantharois, Pateren und Trink- 
hörnern, besetzt sind. In diesen zierlichen Gefäfsen, dann in der zwischen 
den beiden Opferdienern auf dem Boden stehenden grofsen Pracht-Amphora, 
sowie. endlich in dem Krater, welchen zur linken Seite des Bildes ein Ephebe 
herbeiträgt, erkennen wir eine Anzahl jener oben (S. 162 ff.) beschriebenen 
für den häuslichen Gebrauch sowohl, als auch zu Ehren- und WVeihgeschen- 
ken bestimmten Gefäfse wieder, welche der fromme Brauch dem Verstor- 
benen als Schmuck für den Scheiterhaufen oder für die unterirdische Ruhe- 
stätte mitzugeben pflegte. 
Zu der oben erwähnten Ausstellung des Todten, welche nach dem 
solonisehen Gesetze sehr verkürzt wurde und die Plato nur so lange aus- 
gedehnt wissen wollte, als nothwendig war, um sich zu vergewissern, 
dafs der Ausgestellte nicht scheintodt sei, versammelten sich die Angehörigen 
und Freunde des Verstorbenen und stimmten die Todtenklage an. Hier 
mögen denn jene im homegischen Epos erwähnten gewaltsamen Ausbrüche 
des Jammers wohl häufig vorgekommen sein, obgleich Solon die allzu 
heftigen, das feinere Gefühl beleidigenden Bezeugungen des Schmerzes den 
Frauen bei dieser Gelegenheit untersagte, und das strenge Gesetz des Cha- 
rondas sogar jede Klage und jeden Jammer an der Bahre gänzlich verbannte. 
Auch bezahlte Weiber, welche zu den Tönen der Flöte Klageweisen an- 
stimmten, wurden häufig zu dieser Ausstellung des Todten bestellt. Eine
	        
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