Das Opfer.
Der
panathenäische Festzug.
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mehrfach Nike das Stieropfer vollziehen. Ebenso aber wie das Opferthier
bekränzt zum Altar geführt wurde, wie die Körbe mit den sacralen Gerä-
then, und diese selbst mit Zweigen und Kränzen geschmückt waren, trug
auch der Opfernde den Kranz oder, was gleichbedeutend war, die Wollen-
binde, als das unerliifslichc Zeichen der Gottesverehrung. Ueberall erscheint,
wie Böttieher in seinem wBaumcultus der Hellenene sich ausdrückt, der
Zweig und der Kranz als ein Zeichen der heiligen Weihe des Gegenstandes,
an welchem er sich befindet, der Gemeinschaft der Person mit dem Gotte,
dessen heiliges Reis sie trägt. Nur der Missethäter, den seine Handlungen
der politischen Gemeinschaft entfremdet hatten, war durch den Verlust des
Rechtes, den Kranz beim Opfern tragen zu dürfen, auch von der religiösen
Gemeinschaft ausgeschlossen. Diese in allgemeinen Umrissen gegebene Be-
Schreibung der Opferhandlungen möge hier genügen. Ein tieferes Eingehen
aber auf die verschiedenen Arten derselben, wie solche mit der Eigen-
thümlichkeit einzelner Gottheiten oder Localitäten im Zusammenhang stan-
den, ferner auf die mit den eultlichen Handlungen eng verknüpften Wei-
hungen, sowie auf die Opfermantik und die Orakel hier einzugehen, hielten
wir aus dem Grunde für zu weitführend, weil, etwa mit Ausnahme einiger
schwer zu erklärender Weihungen (z. B. Museo Borbon. Vol. V. Tav. 23),
die Darstellungen auf griechischen Bildwerken sich hauptsächlich auf ein-
fache Opferhandlungen, Schmückungen von Götterbildern und Darbrin-
gungen von Opfergaben mannigfacher Art beschränken. Jene zahlreiche
Gattung von Monumenten, welche die Todtenopfer umfassen, werden wir
noch in dem nachfolgenden Abschnitte zu erwähnen Gelegenheit finden.
Das grofsartige Basrelief aber, mit welchem Phidias' Meisterhand
den Cellafries des Parthenon schmückte, veranlafst uns schliefslich, die
glänzendste Seite der eultlichen Handlungen, die Festzüge, und hier
speciell die an den grofsen Panathenäen von der ganzen Bevölkerung
Athens veranstaltete Pompa zu berühren. Auf Theseus, als den Vereiniger
der attischen Komen zu einer gemeinsamen Stadt, wurde die Einsetzung des
panathenäisehen Verbrüderungsfestes zurückgeführt. Anfänglich nur durch
Pferde- und Wagenrennen verherrlicht, wurden diesen in de? Zeit des
Peisistratos gymnische Agonen hinzugesellt, mit welchen seit Perikles auch
musische Wettkämpfe vereinigt wurden. Für die Aufführung dieser sämmt-
liehen Agonen war in jedem dritten Jahre der Olympiaden die Zeit vom
25. bis 27. Tage des Monats Hekatombäon bestimmt. Die Krone des
Festes aber bildete der Festzug, welcher am 28. Tage dieses Monats durch
die Strafsen der Stadt nach dem Sitze der Gottheit auf der Akropolis
hinauf sich bewegte. Am Morgen dieses Tages versammelte? sich die