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wie mit dem Fluche die Strafe der Götter auf das Haupt des Schuldigen
gelenkt wurde, verband auch der Grieche mit dem Eidschwur den Ge-
danken, dafs Zeus Horlaios, der Eidesrächer, welcher über die Heilighaltung
aller Schwüre wachte, den Eidbrüchigen mit seinem Zorne treffen möge.
Der feierliche, bindende Eid wurde aus diesem Grunde an geweihter Stätte
vor dem Altar oder dem Götterbilde vollzogen, indem der Schwörende
diese berührte oder die Hand in das Blut des Opferthieres eintauchte und,
ebenso wie beim Gebete, gewöhnlich eine Dreizahl von Göttern zu Zeugen
des Schwures anrief. So war die spätere Sitte, während in der home-
rischen Zeit die Heroön beim Schwur das Scepter gen Himmel erhoben.
Alle Bitten und Gebete wurden, um die Gottheit sich geneigt zu
machen, mit einer Darbringung von Gaben begleitet. Dieselben konnten
entweder als Opfer zum augenblicklichen und schnell vergänglichen Ge-
nufs der Götter am feuerlosen oder brennenden Altar dargebracht werden,
oder als Weihgeschenke, die ein bleibendes Eigcnthum derselben an ge-
weihter Stätte wurden; denn Geschenke bestimmten, nach einem alten
Ausspruehe, das Walten der Götter wie der Könige. Zu der ersteren
Art der Opfer gehörten zunächst die unblutigen, Welche als die ältesten
bezeichnet werden. Sie bestanden in Darbringung der Erstlinge des
Feldes, z. B. aus Zwiebeln, Kürbissen, Früchten des Weinstocks, des
Feigen- und Oelbaumes und anderen Erzeugnissen des Pilanzenreiches.
Ihnen schlossen sich die aus denselben bereiteten Speisen an, namentlich
Kuchen (näwuxza, nälavoi) und Backwerk, letzteres oftmals in Gestalt
von Thieren geformt und in dieser Form an die Stelle wirklicher Thier-
opfer tretend. Besonders häufig war der Gebrauch der gerösteten Gerste
Fig. 315.
(oülai, oüloxzizal), welche
den Nacken des Opferthieres
entweder in die
gestreut wurde.
Flammen geworfen oder auf
Ein solches unblutiges Opfer