Volltext: Das Leben der Griechen und Römer

dem Zeus das Trankopfer darbrachte, und Penelope badete und legte reine 
Gewänder an, bevor sie die Gebete und das Opfer für die Errettung ihres 
Sohnes vollzog. Auch gewissen Pflanzen schrieben die Griechen eine solche 
reinigende Kraft zu, wie der Myrthe, dem Rosmarin und dem Wachholder. 
Besonders aber sollte dem apollinischen Lorbeerzweige_ eine die Blutschuld 
sühnende und reinigende Kraft innewohnen. Diese Reinigung, welche der 
Einzelne an sich vor dem Opfer vollzog, konnte aber auch im Grofsen 
bei ganzen Gemeinden und Ländern zur Sühne vorgenommen werden, 
wie z. B. im Homer das Heer der Achäer auf Geheifs des Atriden vsich 
entsündigte und die Befleckung in's Meer warf e. In der historischen Zeit 
kommen nach verheerenden Seuchen und Bürgerkriegen mehrfach Entsüh- 
nungen ganzer Ortschaften vor, so jene bekannte von Epimenides aus 
Kreta vollzogene Entsühnung Athens nach dem kylonischen Bluthade. 
Dem Acte der Reinigung folgte das Gebet. Von ihm sagt Plato, dafs 
jegliches Unternehmen, das geringe sowohl, wie das grofse, mit der An- 
rufung der Götter beginnen solle, und dafs es für einen tugendhaften Mann 
das Schönste und Beste und die Glückseligkeit des Lebens am meisten 
Fördernde wäre, wenn er die Götter durch Opfer verehre und durch Ge- 
bete und Gelübde fortwährende Gemeinschaft mit ihnen unterhalte. Fast 
mit allen Gewohnheiten des täglichen Lebens, ingleichen mit allen ernsten 
und wichtigen Handlungen des Einzelnen, sowie ganzer Gemeinden war 
das Gebet verknüpft, welches in kurzen, traditionell fortgepflanzten For- 
meln bestand. Gewöhnlich wurde eine Dreizahl von Göttern, z. B. Zeus 
in Verbindung mit der Athene und dem Apollo, angerufen, und pflegte 
man, um nicht die Gottheit durch Auslassung eines Namens zu erzürnen, 
noch ein: vmagst du nun ein Gott oder eine Göttin seine, oder: nwer 
du auch seiste, oder: vmag dir nun dieser oder ein anderer Name lieber 
sein" hinzuzufügen. In stehender Stellung, mit emporgehobenen Händen 
flehte der Betende zu den olympischen Göttern, mit vorgestreckten zu den 
Meergöttern und mit abwärts gekehrten zu den Unterirdischen, welche 
letzteren auch mit dem Stampfen des Fufses oder durch Klopfen auf dem 
Boden angerufen wurden. Knieend oder am Boden hingestreckt sein Gebet 
zu verrichten war nicht Gebrauch, und wo derselbe bei den Griechen 
erscheint, ist ein aus dem Orient stammender Einflufs vorauszusetzen. Nur 
die Schutzilehenden pflegten in knieender Stellung, wie solche auf Bild- 
werken mehrfach vorkommt, das Standbild der Gottheit zu umschlingen. 
Dem Gebete schliefst sich aber auch der Fluch an, welcher gegen die 
Uebertreter göttlicher und menschlicher Satzungen geschleudert wurde und 
zu dessen Vollstreckung die Erinnyen heraufbeschworen wurden. Und
	        
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