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Das Symposion.
Brett-
und. Würfelspiele.
geformter Würfel, deren Flächen sich schon dadurch markirten, dafs
zwei derselben flach, die dritte etwas erhöht und die vierte ein wenig ver-
tieft waren. Letztere Seite wurde mit Eins bezeichnet und führte unter
vielen anderen Benennungen, wie bei den Kyboi, den Namen xümv, canis;
die ihr gegenüberstehende Fläche, xaio; genannt, zeigte die Sechs; die
dritte und vierte Fläche hingegen, welche mit der Drei und Vier bezeichnet
wurden, hiefsen bei den Römern suppus und planus. Die Zahlen zwei
und fünf fehlten jedoch auf den Astragalcn, da die kleinen rundlich ge-
stalteten Endilächen derselben nicht mitzählten. Wie bei den Kybois hatte
auch bei letzterem Spiel, bei welchen stets vier Astragalen in Anwen-
dung kamen, jeder Wurf seinen Namen. Auch hier wurde der beste
Wurf als 1119906511] bezeichnet und dem glücklichen Spieler durch den-
selben die Würde eines Symposiarchen zuerkannt. Ein bei den jungen
Mädchen besonders beliebtes Spiel war dasjenige mit fünf Astragalen oder
Steinchen, welche gleichzeitig in die Höhe geworfen und mit der äufseren
Handfläche wieder aufgefangen werden mufsten. Dieses Spiel, welches
auch noch heutzutage überall von der Jugend getrieben wird, hiefs bei
den Griechen das Fünfsteinspiel (nevreltäigeiv, rrsvroeltäißstv). Bildliehe
Darstellungen dieser Spiele besitzen wir mehrfach aus dem Alterthume.
So erblicken wir auf zwei Vasenbildern im Brettspiel begriffene Krieger
(Panofka, Bilder antiken Lebens. Taf. X. N0. 1O,11). Auch werden
Astragalen und Würfel von verschiedener Gröfse, mit der oben angegebe-
nen richtigen Augenzahl, sowie auch falsche in vielen Museen aufbewahrtl.
Unter gröfseren Bildwerken verdient besonders die Marmorfigur einer Astra-
galen-Spielerin im Berliner Museum, sowie ein pompejanisches Wand-
gemälde (Museo Borbon. Vol. V. Tav. 23) hervorgehoben zu werden, auf
dem die Kinder des lasen an diesem Knöehelspiele sich belustigen, wäh-
rend Medea bereits mit gezüektem Schwerte das Leben der Kleinen bedroht;
verloren gegangen ist leider jenes berühmte Meisterwerk des Polyklet,
zwei knöchelspielende Knaben darstellend, welches einst den Palast des
Titus zu Rom schmückte. Das rrsvrshäilsiv endlich vergegenwärtigt uns
ein Wandgemälde (lViillin's mythologische Gallerie. TafCXXXVllJ. N0. 515),
auf dem im Vordergrunde die Töchter der Niobe, Aglaia und Hileaira,
am Boden knieend ganz in der beschriebenen Weise dieses Spiel be-
treiben.
1 Unter den falschen Würfeln des königl. Museum zu Berlin zeigt der eine die Vier
doppelt; ein anderer aber war olTenbar mit Blei ausgegossen. Aufserdem befindet sich
daselbst ein Würfel in Gestalt eines achtseitigcn Prisma, dessen Flächen die Zahl der Augen
in folgender Reihenfolge zeigen: 1, 7, 2, 6, 3, 5, 4, 8.