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Die Mahlzeit: Die Speisen.
-Sodann aber stand der bei den Gastmählern der späteren Zeit im
Arrangement des Mahles und im Raffinement der Speisenbereitung auf-
gewandte Luxus im grellsten Gegensatz zu der Frugalität, welche die
homerisehe Zeit eharakterisirt. Am Spiefs gebratene saftige Fleischstücke
von Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen wurden damals von den Schaff-
nerinnen auf die kleinen Tische gelegt, die vor den Sitzen der Schmau-
senden standen (vergl. 33); dazu wurde Brod in Körben herumgereicht,
und am Schlufs des Mahles der vorher in grofsen Krateren mit Wasser
gemischte Wein getrunken. Der Gebrauch von Messern und Gabeln war
aber damals, sowie auch in späterer Zeit unbekannt, daher die Sitte, so-
wohl vor als nach der Mahlzeit sich die Hände zu waschen (oirrovizpudüao)
und an dem dargereichten Handtuehe (xstgöuaxzgov) zu trocknen. Eben-
sowenig kannte das griechische Alterthum den Gebrauch von Tischtüchern
und Servietten, und meistentheils vertrat ein eigends dazu bestimmter Mehl-
teig die Stelle derselben, um an ihm die durch das Anfassen der Speisen
beschmutzten Finger zu reinigen, gelegentlich auch wohl, um daraus im-
provisirte Löffel zu formen, mit denen die flüssigeren Speisen zum Munde
geführt werden konnten. Noch heutzutage haben bei den Mahlzeiten der
Orientalen derartige Scheiben von Teig dieselbe Bestimmung, wie im Alter-
thum. Zwar wird die griechische Küche, selbst der späteren Zeit, auch
abgesehen von der spartanisehen Genügsamkeit, die jede Art einer verfei-
nerten, mehr dem Gaumenkitzel, als zur wirklichen Nahrung dienenden
Kost verschmähte, als eine im Allgemeinen einfache, ja fast ärmliehe
bezeichnet, bei der die yäfoz, flache, runde Gerstenkuehen, wie solche
noch heutzutage unter demselben Namen in Griechenland gebräuchlich sind,
ferner Salate, Lauch, Zwiebeln und Hülsenfrüchte die Hauptrolle spielten,
weshalb die Griechen als ttmgozgoirrsgoz, oder qwllorgcäyeg versehrieen
waren. Der ursprünglich in Grofsgriechenland heimische Geschmack für
eine feinere Küche fand jedoch auch nach und nach im eigentlichen
Griechenland an der Tafel der Begüterten Eingang. Statt der massen-
haften Fleischspeisen der homerischen Zeit wurde den Seelischen und
Schalthieren, sowie mannigfachen Gemüsen der Vorzug gegeben, und mit
ihnen statteten bei festlichen Schmausereien entweder die auf dem Markte
für solche Gelegenheiten gemietheten Köche oder sicilianische Kochkünstler,
welche, wenigstens in der römischen Zeit, in keiner gröfseren griechischen
Haushaltung unter der Zahl der Sklaven fehlen durften, die Tafeln aus.
Sind wir nun auch, trotz der reichhaltigen Speisezettel, welche sich aus
den alten Autoren zusammenstellen liefsen, nicht im Stande, ein unseren
Gaumen zusagendes Mahl herzustellen, so können wir uns doch mit Hülfe