Gymnastik und Agonistik.
Das Wagenrennen.
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Begüterten lag, die ärmere Volksclasse mithin von der Theilnahme an diesem
Kampfe ausgeschlossen war, so können wohl diese Spiele mit Recht als die
fashionablen Vergnügungen der alten Welt bezeichnet werden. Bei diesen
Agonen war aber nicht eine schulgerechte Durchbildung des Körpers zu
Gewandtheit und Stärke, sondern nur ein sicheres Auge, eine feste und
geschickte Hand zur Lenkung der Rosse erforderlich. Das Wagenrennen
(ägjtarhrjladia) wurde daher auch nicht immer von dem Besitzer des Ge-
spanns in eigener Person ausgeführt, vielmehr konnte derselbe statt seiner
einen Anderen als Rosselenker eintreten lassen. Im ä28 sind bereits bei
Gelegenheit der Beschreibung des Hippodrom zu Olympia die baulichen An-
lagen der Rennbahn, namentlich die Schranken, die Aphesis und das Ziel,
besprochen worden. Wir haben deshalb hier nur noch einige Bemerkungen
über die zum Wettfahren benutzten Gespanne hinzuzufügen. Der schon
imaheroischen Zeitalter von den griechischen Heerführern im Kampfe und
auf der Rennbahn benutzte zweiräderige Wagen! war auch in der histo-
rischen Zeit bei den Wettfahrten gebräuchlich, natürlich, dafs bei diesen
der Rosselenker allein seinen Platz auf dem Wagen hatte. Die Zahl der Wa-
gen, welche zu einem Laufe gleichzeitig zugelassen wurden, kann nicht mit
Bestimmtheit angegeben werden; jedesfalls richtete sich dieselbe nach der
Breite des Hippodrom. Bei gröfseren Rennbahnen, wie auf der zu Olym-
pia, in welcher jede Seite der Aphesis ungefähr 400 Fufs lang war, konnte
natürlich auch eine gröfsere Anzahl Wagen gleichzeitig rennen. Die gerade
Ablaufslinie aber wurde, wie es jedes Wettrennen mit sich bringt, während
des Kampfes "bald aufgegeben, ein Aneinanderfahrcn der Wagen war mithin,
wenn nicht etwa durch Scheuwerden der Pferde, nicht zu befürchten. Zum
Rennen wurden anfangs Viergespanne von ausgewachsenen Pferden (ögöyo;
irmaw zslsimv), später Doppclgespanne (Znnmv zelsiwv ovvwglg) benutzt.
Erstere Art des Rennens wurde Ol. 25, letztere 01.93 eingeführt. Dafs
aber auch Dreigespanne in Anwendung kamen, geht aus den auf dem
Fries des Parthenon dargestellten Gespannen deutlich hervor. Seit der
99. Olympiade kam auch die Sitte auf, Füllen (neiloz) zu Vier- oder
Doppelgespannen vereinigt rennen zu lassen. Die Benutzung der Maulthiere
im Hippodrom hat sich jedoch nur in der Zeit von der 70. bis 84. Olym-
piade erhalten. Das Loos entschied über die Plätze der Wagen, ihre
Abfahrt geschah nach einem Signal a tcmpo, und aufgemuntert durch den
Zuruf der Wagenlenker und angespornt durch die Peitsche (yädztE) oder
in
auf das
l Ueber die Construction des griechischen Streitwagens verweisen wir
Abschnitte über das Kriegswesen (Q 54) Beigebrachte.
dem