Tonkunst.
Saiteninstrumente :
Lyra.
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tigen Belege in den Monumcnten zu finden, da die Schriftsteller zu Wenig
bei den Formen der musikalischen Geräthe verweilen, die Künstler aber auf
den Monumenten sich wohl manche Ungenauigkeit, namentlich in Bezug
auf die Saitenzahl, haben zu Schulden kommen lassen. Wir sind deshalb
bei der Vergleichung der schriftlichen Zeugnisse mit den monumentalen
gezwungen, die Saitenzahl als ein die verschiedenen Instrumente zum Theil
eharakterisirendes Merkmal ganz aufser Acht zu lassen und nur die Ver-
schiedenheit der Construction des Resonanzbodens, wie sich dieselbe aus
den bildlichen Darstellungen ergiebt, als entscheidendes Kennzeichen in's
Auge zu fassen. Dafs aber die Künstler, wie Einige annehmen, in ihren
Darstellungen von den im gewöhnlichen Leben gebräuchlichen Formen der
Instrumente absichtlich abgewichen wären, ist kaum denkbar. Ebenso
kann der Vorwurf, dafs die Künstler in den abgebildeten Instrumenten
die Seitenzahl, sowie die Stellung der Wirbel unrichtig gegeben hätten,
wohl dadurch zurückgewiesen werden, dafs wie überhaupt in der Plastik
eine zu getreue Copie der Wirklichkeit dem Schönheitssinn der Griechen
widersprach, so auch der Künstler namentlich bei der Behandlung neben-
siichlicher Gegenstände fast überall nur andeutungsweise zu Werke zu gehen
pflegte. Ebensowenig kann die auf Vasenbildern nicht selten vorkommende
reiche decorative Ausschmückung von Saiteninstrumenten für uns etwas
Befremdendes haben, da ja eine solche überhaupt bei allen Geräthen in
Anwendung kam.
Drei Grundformen sind es, auf welche sich die dargestellten Saiten-
instrumente zurückfihren lassen, nämlich die der Leier, Cither und Harfe.
Fit, 239 In die Betrachtung dieser drei
D. ' Formen mag uns ein interessantes
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tlläfnlll lilfiinchrena (eile. 13250),
x mit der Darstellung der Muscn,
l einführen, in welcher die drei die
ß j II mittlere Gruppe bildenden Musen
l Kyf Polyhymnia Kalliope und Erato
i auf den drei gedachten Instru-
Y f? menten, der Lyra, der Kithafa
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dung der Lyra (Äriga) knüpft sich an jene Sage, nach welcher Hermes zuerst
die Schale einer Landsehildkröte mit Saiten überspannt habe. Der ovale
Rückenscbild der Schildkröte bildete mithin den Resonanzboden, über dessen