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Das Frauenleben.
Die Hochzeit.
Mutter der Braut aber schritt mit den Irlochzeitsfackeln, die am heimi-
sehen Heerde angezündet waren, hinter dem Brautwagen einher, denn es
galt als ein alter Brauch, dafs die Mütter ihren Töchtern mit der Braut-
fackel das Geleit in die neue Wohnung gaben. An der Thür des jungen
Gatten jedoch erwartete die Mutter desselben mit angezündeten Fackeln
das junge Paar. War das Hochzeitsmahl nicht schon im Hause der Braut
abgehalten worden, so vereinigte sich jetzt die Gesellschaft zum Fest-
schmause, bei dem mit Hindeutung auf die erwünschte Fruchtbarkeit der
Ehe Sesamkuchen (näwmza) vertheilt wurden, wie denn auch der von
der Braut nach solonischem Gesetz zu verzehrende Quittenapfel dieselbe
symbolische Bedeutung trug. Nach beendetein Schmause zogen sich die
Neuvermählten in den Thalamos zurück und hier entschleierte sich die
junge Frau zuerst dem Gatten. Vor der Thür des Thalamos aber wurden
Epithalamien angestimmt, von welchen Theokrit in dem Brautliede der
Helena uns eine so reizende Probe hinterlassen hat. Anfang und Schlufs
desselben lauten:
Einst im Königspalast Menelaos des Blonden zu Sparta
Stellten sich Mädchen im Chor an der neuverziereten Kammer,
Tragend im weichen Gelnrk hyacinlhene blühende Kränze;
Zwölfe, die ersten der Stadt, die Krone lakonischer Weiber elc. etc.
Alle sangen ein Lied nach einerlei Weisen und tanzten
Mit verschlungenem Fufs, dal's die Burg vom Brautgesang ballte etc. etc.
Schlummert und haucht in die Brust euch süfses Verlangen und Liebe!
Doch vergesset auch nicht am Morgen das Wiedererwachen:
Wir auch kehren am Morgen zurück, wenn der erste der Sänger
Recket den bunten Hals und krähel, erwachcnd vom Schlafe.
Hymen, o Hymenaios, o jauchze dieser Vermählung!
Schliefslich erwähnen wir noch, dal's wie bei uns entweder am Polter-
abend oder am Lendemain das junge Paar die Geschenke der Verwandten
und Freunde entgegenzunehmen pflegt, auch in Griechenland die beiden
Tage nach der Hochzeit (ärraülza und oimzeülaa) für die Empfangnahme
der Hochzeitsgabcn bestimmt waren. Erst nach diesen Tagen zeigte sich
die junge Frau unverschleiert.
Die antike Kunst hat derartige Scenen aus dem hochzeitlichen Leben
mehrfach dargestellt. Hier fesselt die Schmückung einer Braut unsere Auf-
merksamkeit, dort vergegenwärtigen uns Hochzeitsziige, in mannigfacher
Art dargestellt, die oben beschriebenen antiken Hoehzeitsgebräuche. So
sehen wir auf einer Reihe von archaischen Vasenbildern (Gerhard, aus-