Volltext: Das Leben der Griechen und Römer

unvollkommenen Unterricht heran. Nur die Beaufsichtigung des Hauswesens, 
die Beschäftigung mit weiblichen Handarbeiten oder die Sorge für die 
Toilette brachten einige Abwechselung in die Eintönigkeit des häuslichen 
Lebens. Jede Verbindung mit der Aufsenwelt, namentlich aber die durch 
freieren Verkehr mit dem anderen Geschlecht sich bildende geistige An- 
regung und Entwickelung fehlten gänzlich. Und führten selbst gewisse 
gottesdienstliche Feierlichkeiten die Jungfrauen in die Oeffentlichkeit, so 
konnten derartige Veranlassungen, bei welchen die Frauen abgesondert von 
den Männern als Theilnehmerinnen auftraten, für die Bildung derselben 
von keinen nachhaltigeren Folgen sein, höchstens dal's dadurch Gelegenheit 
zu gegenseitiger Bekanntschaft gegeben wurde. Selbst die Verheirathung 
brachte in dieser Zurückgezogenheit der Frauen keine wesentliche Verän- 
derung hervor. Es war eben nur ein Tausch der Gynaikonitis des elter- 
liehen Hauses mit der des Gatten. In dieser aber waltete die Frau un- 
umschränkt als oixodädnozva in der freilich engen Sphäre häuslicher 
Thätigkeit. Ein geistiges Zusammenleben mit dem Manne fand nicht statt; 
es fehlten mithin dem griechischen Hause alle jene Bedingungen, welche 
wir als wesentlich für das Familienleben erachten. Zwar achtete der 
Mann streng auf die makellose Ehre seines Hauses und wufste dieselbe 
durch Gynaikonomen, ja selbst durch Schlofs und Riegel zu wahren, wie 
denn überhaupt die allgemeine Sitte ehrbare Frauen gegen Beleidigung 
durch Wort und That schützte, aber dennoch war die Gattin ihrem Manne 
nur die Mutter einer legitimen Nachkommenschaft, die Erhalterin des Haus- 
wesens, und ihre Leistungen standen in seinen Augen mit denen einer 
treuen Haussklavin etwa auf gleicher Stufe. Schon in der vorhistorischen 
Zeit, in welcher die Stellung im Allgemeinen eine würdigere, als in der 
historischen Zeit gewesen zu sein scheint, wird ihnen die Besorgung des 
lslauswesens als der ihnen allein gezicmende Wirkungskreis angewiesen. So 
weist Telemach seine Mutter mit denWorten in die Frauengemächer zurück: 
Auf, zum Gemach ltingehend, besorge du deine Geschäfte, 
Spindel und Webesluhl, und gebeut den dienenden Weibern, 
Fleifsig am Werke zu sein. Für das XVort liegt Männern die Sorg' 0b- 
ln späterer Zeit, wo durch die staatlichen Veränderungen das Privatleben 
vollkommen in der Oelfentliehkeit aufging, wurde diese die eigentliche 
Heimath des Mannes, der Mann mithin mehr und mehr der Gattin und 
dem Familienleben entfremdet. Freilich berechtigt uns diese Zurücksetzung 
der Frauen keinesweges zu der Annahme, dal's es nicht auch wahrhaft 
glückliche Ehen in Griechenland gegeben habe, ill denen, Wßml CS auch 
nicht der Frau freistand, in die Oelfentlichkeit mit ihrem Gatten hinaus- 
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