Die Tracht.
Schmucksachen.
205
Auf diesem Gebiete entwickelte aber! das Alterthum eine Technik, welche
die berühmtesten Steinschneider der neueren Zeit, trotz ihrer gewifs höchst
beachtenswerthen Leistungen, doch nur annähernd erreicht haben.
Was zunächst die Steine betriift, deren sich die griechischen Stein-
schneider bedienten, so wurden einmal solche vorzugsweise ausgewählt,
deren Gefüge nicht zu sehr dem Eindringen des Bohrers Widerstand leistete
und die bei der Behandlung nicht aussprangen; sodann aber wurde solchen
Steinarteu eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, welche entweder von
reinem Wasser waren, oder durch verschiedenfarbige Flecke, Adern oder
Lagen übereinander (zonae) sich besonders für buntfarbige Darstellungen
ganzer Figuren oder einzelner Körpertheile und Gewandstücke eigneten. Am
häufigsten verwendet wurden der Karniol, Sarder, Chalecdon, Achat, OnyX,
Jaspis und I-Ieliotrop, seltener der Nephrit, T urkis, Bergkrystall, der silber-
glänzende llrIagnet-Eisenstein, Amethyst, grüne Quarz und edle Serpentin.
Von den eigentlichen Edelsteinen jedoch wurden nur wenige in der Sphra-
gistik benutzt, wie der Rubin, der ächte Sapphir, der Smaragd, der grünliche
Beryll, der orientalische Feldspath-Opal und der bläuliche ächte Aquamarin.
Auch in Topas, Hyacinth, in dem syrischen und indischen Granat und
endlich in Praser, der nach der Zeit Alexander's nach Griechenland kam,
pflegten die Steinsehneider zu arbeiten. Die Zartheit nun, mit welcher diese
Arbeiten ausgeführt sind, die Sauberkeit der Politur, die ungcmeine Tiefe,
bis zu welcher selbst die kleinsten Darstellungen häufig eingeschnitten er-
scheinen, berechtigen zu dem Schlufs, dafs die Alten bereits alle jene
Werkzeuge, das Rad, die Demantspitze, den Demantstaub, ja sogar Ver-
gröfserungsgläser, deren Erfindung die Neuzeit sich zuschreibt, gekannt
haben müssen. Die Darstellung wurde entweder vertieft eingeschnitten, in
welchem Falle diese Steine, in Ringe gefafst, zum Siegeln benutzt wurden,
oder aber erhaben aus jenen oben erwähnten, aus mehreren verschieden-
farbigen Lagen gebildeten Steinen, dem Achat-Onyx und Sardonyx, heraus-
gearbeitet. Jene werden Gemmen, oizldylvrpoe, gemmae scuäptae, exsculjotae
(Intaglio), diese älxrvna, gem-mae caelatae, oder mit einem neueren Namen
Cameen genannt. Letztere, nur für den Schmuck bestimmt, konnten bei
kleineren Dimensionen in Fingerringe gefafst werden, während die gröfseren
zur Verzierung von Agralfen, Gürteln, Halsbändern, WalTenstiicken ange-
wendet, odcr auch in die Aufsenflächen von Vasen und Trinkhechern aus
edlem Metall eingelassen wurden. Die gröfste Blüthe der Steinschneide-
kunst fiel in die Zeit Alexander's des Grofsen, der, wie er sich nur vom
Lysippos in Stein gehauen und vom Apelles in Gemälden dargestellt sehen
wollte, so auch sein Bildnifs nur vom Pyrgoteles in Edelstein schneiden