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Die Tracht.
Die männliche Haartracht.
phron (III, 66), in der es hcifst: vDu siehst es, wie der verfluchte Barbier
dort an der Strafse mit mir umging, jener Schwätzer, der den brundisi-
sehen Spiegel aufstellt, Raben zahm macht und mit Messergeklimper ein
harmonisches Getöse erregt. Ich kam zu ihm, mir den Bart scheeren zu
lassen; er empfing mich willig, setzte mich auf einen hohen Stuhl, gab
mir ein reines Tuch um, und führte mir das Scheermesser recht gelinde
über die Backe, die dichten Haare abzunehmen. Aber eben hier bewies
er mir seine boshafte Tücke. Er that es nur zum Theil, nicht am ganzen
Kinn; es blieb also an manchen Orten rauh, an anderen aber war es
glatt, ohne dafs ich es merkte." Namentlich seit Alexanders des Grofsen
Zeit wurde das Geschäft des Rasirens ein sehr einträgliches, da das Tragen
eines vollen, starken Bartes (rmiywv 30:96; oder dadzig), welcher früher
als Zeichen der Männlichkeit und Würde galt, trotz des Widerstandes.
den einige Staaten dieser neuen Mode entgegensetzten, völlig abkaml. Auf
Kunstwerken, namentlich bei Portraitstatuen, erscheint die Form des Bartes
stets als charakteristisch für das dargestellte Individuum. Meistentheils in
zierliche Locken gelegt, bedeckt derselbe Kinn, Lippen und Wangen, jedoch
ohne Sonderung des Kinn- und Schnurrbartes. Nur in jenen Werken der
Plastik, welche in der Gesichtsbildung, in ihrer Bewegung und in der Form
der Gewandung eine conventionell archaistische Behandlung selbst neben
einer freien Entwickelung der Kunst bewahrten, erscheint der keilformig
zugespitzte, in langgezogenen Wellenlinien gekämmte Bart scharf abgegrenzt
und der Schnurrbart von dem übrigen Theile des Bartes abgesondert be-
handelt. Als Beispiel hiefür führen wir jenen edelgestalteten, mit der
Stephane gezierten Zeuskopf aus der Talleyrandsehen Sammlung an.
In Bezug auf die Farbe der Haare bemerken wir, dafs, neben der dem
Südländer eigenthiimlichen dunklen Schattirung derselben, auch die gold-
gelbe als eine besondere Zierde galt. So giebt Homer dem Menelaos,
dem Achilleus und Meleagros goldgelbe Locken und ebenso malt Euripidcs
den Menelaos und Dionysos mit hellblondem Haupthaar (Eavßoioo ßodzgü-
xoaow siixoopog xdgmv).
45. Was die Kopfbedeckung des weiblichen Geschlechts betrifft, so
hat das Altertlnnn glücklicher Weise uns nicht eine solche Auswahl von
Mifsgeburten Pariser Geschmacks hinterlassen, welche gegenwärtig unter
dem Namen von Damenhiiten figuriren. Frauenhüte scheint das griechische
1 Einer Erzählung zufolge sollen in der Schlacht bei Arbela viele lilakedonier dadurch
getödlet worden sein, dal's die Perser sie bei ihren langen Bärten ergriffen und zu Boden rissen,
weshalb Alexander noch während der Schlacht seinen Truppen die Bärte ahscheeren liefs.