näher in Betracht zu ziehen haben. Leider tritt aber auch hier derselbe
Uebelstand ein, wie bei der Erklärung der Gefäfsformen, indem die Mo-
numente eine Menge Formen uns bieten, welche mit der in den schrift-
lichen Zeugnissen des Alterthums enthaltenen Nomenclatur in vielen Fällen
nicht in Einklang zu bringen sind. Hier wie dort werden wir deshalb
für manche Bezeichnungen den Beleg durch die Monumente unerörtert
lassen, sowie wir umgekehrt für manche in den bildlichen Darstellungen
vorkommenden Formen die passende Benennung zu finden aufgeben müssen.
Ehe wir jedoch zur Beschreibung der einzelnen Gewandstücke übergehen,
Wollen wir im Allgemeinen noch die Bemerkung voraufschicken, dafs die
griechische Tracht im Verhiiltnifs zu der der Neuzeit eine höchst einfache
und naturgemäfse war. Wurde die Einfachheit in der Tracht einerseits durch
das milde südliche Klima begünstigt, welches den Bewohner gleichsam
aufforderte, sich alles Ueberflüssigen in der Kleidung zu enthalten, so
hatte sich andererseits der Schönheitssinn der Griechen von jenen krank-
haften, auf einer gänzlichen Umhüllung der Glieder durch fest anliegende
Kleidungsstücke beruhenden Begriffen von äufserem Anstande frei erhalten.
Durch Uebungen im Freien wurden die Gliedmafsen von Jugend auf ge-
lenkig gemacht und gekräftigt, und der Körper konnte sich unbeengt durch
Kleidung zu vollkommener Freiheit und Schönheit entwickeln. Und dieses
Ebenmafs der Glieder eben scheute sich der Grieche nicht als schönsten
Schmuck des Mannes dem Anblick preiszugeben. S0 war es im gewöhn-
lichen Leben, und von diesem Gesichtspunkte geleitet hielt die Kunst in der
Behandlung der Gewänder stets das richtige Mafs der Schönheit inne.
Die beiden Hauptclassen, unter welchen wir siimmtliche Kleidungs-
stücke in's Auge zu fassen haben, bilden die äudüitara, das heifst die-
jenigen Kleidungsstücke, welche hemdartig angezogen wurden, und die
Ämßlüitavu oder rrsgoßlßrjuaza, unter welcher Bezeichnung alle jene
Ueberwürfe zu_ verstehen sind, welche entweder über den nackten Körper
oder über die Endymata mantelartig übergeworfen wurden. Als wesent-
liches Merkmal der griechischen Tracht giebt Weil's in seinen auf praktische
Versuche gegründeten Untersuchungen (Fostümkunde I. S. 703 ff.) richtig an,
dafs vdie griechische Tracht hinsichtlich der Gewandung durch alle Epochen
auf der Verwendung nur der vom Weber gelieferten, mehr oder minder
umfangreichen, oblongen Gewebe zu hemdförmigen Unterkleidern und
mantelartigen Umwürfen beharrt habe. Alle Wandelungen, denen sie im
Laufe der Zeit unterworfen ward, beruhten somit zumeist einerseits auf
der Weise, sich jener viereckigen Gewandstücke zu bedienen, andererseits
auf dem Wechsel in deren stofliger und ornamcntaler Beschaifenheitß