Erst in zweiter Linie handelt es sich sodann bei dieser allge-
meinen Übersicht darum, als oberste Grundbegriffe auch solche auf-
zustellen, welchen die verschiedenen technischen Branchen sich un-
gezwungen und sachgemäß unterzuordnen vermögen.
Wir glauben nun in den unserer Übersichtstabelle zugrunde ge-
legten obersten Begriffen solche gefunden zu haben, welche sowohl
vom rein logisch-theoretischen als auch technisch-praktischen Stand-
punkte aus als zutreffend bezeichnet werden können. Die technischen
Künste scheinen dabei in das Coordinatennetz einer doppelten Classi-
fication gebracht und zwar derart, dass jede verticale und horizon-
tale Reihe hinsichtlich des einen Grundbegriffs verwandte Branchen
zusammenfasst, welche jedoch hinsichtlich des zweiten Grundbegriffs
sich in verschiedene Unterarten gliedern. In den verticalen Reihen
sind hiebei die Künste nach dem Hauptbegriff der specilischen Mate-
rialität geordnet; in_ horizontaler Reihung dagegen nach dem Haupt-
begrift der allgemeinen Gestaltung des Prodticts.
In jener Beziehung gliedern sich nun die technischen Künste
nach Maßgabe der von Semper seinem WVerke "der Stil" zugrunde
gelegten Eintheilung in die folgenden fünf Gruppen:
1. Textile Kunst. Sie umfasst alle mit dem Namen Textilpro-
ducte bezeichneten Erzeugnisse, welche im wesentlichen durch Zusa m-
menfügung fadenartiger Elemente (den sogenannten Gespinst-
fasern) zu einem flächenartigen Ganzen entstehen. Beispiel: Gewebe.
2. Keramik. Sie umfasst im engeren Sinne alle aus Thon und dem
ihm chemisch verwandten Glase erzeugten G efäß e, im weitern Sinne
auch solche aus Metall, Holz und selbst Stein.
3. Tektonik. Sie umfasst alle aus wesentlich stabfürmigen Theilen
zusammengefügten Gebilde (Stabconstrtlctionen) in der Art des Eisen-
gitterwerks, der Möbel und baulichen Constructionen.
4. Stereotomie. Dazu gehören insbesondere die Kunst des
IiIaurers, dann aber auch alle mit der plastischen Bearbeitung des
Steines und der ihm verwandten Materialien, wie z. B. des Elfenbeins,
sich beschitftigenden Künste.
(Es muss hier constatiert werden, dass gerade die Stereotomie
eigentlich mehr hinsichtlich ihrer Methode als ihres Materials als
besondere Kunstart zu gelten hat. Gleichwohl rangiert sie bei Semper
neben der 'l'extrie, Keramik und Tektonik, welcher Anordnung
auch wir in unserer Tabelle gefolgt sind. In der später unten nach-
folgenden Classification der technischen Künste wird dagegen diese
Inconsequenz vermieden werden.)