einander gestellte Figuren etwas Erzwungenes, Starres, gleichsam
Puppenhaftes an sich und rufen einen unangenehmen, jenem Ein-
druck ganz ähnlichen hervor, welcher sich uns bei der eurhythmischen
Wiederkehr von Figuralem aufdrängt. Der Grund hiefür ist denn
auch ein ganz verwandter, weil die Symmetrie in dieser Hinsicht
eine Art der Wiederkehr, wenngleich freilich eine XViedeI-kehr im
Spiegelbild ist.
Kunstsymbolische Bedeutung der Symmetrie. Sie besteht,
kurz ausgedrückt, im Zusammenfassen der äußersten Grenzen eines
Gebildes, wodurch demselben jene Abgeschlossenheit und Einheit-
lichkeit zutheil wird, die es vor allem befähigt, als Einzelwesen,
Individuum zu erscheinen.
Diese individualisicrende Bedeutung der Symmetrie ist zugleich
die Ursache ihrer fast durchgängigen Giltigkeit in der ornamen-
talen Kunst. Denn die letztere ist stets bestrebt, ihren Erzeugnissen
jenen Ausdruck höherer Einheitlichkeit zu geben, ohne wel-
chen keine vollständig befriedigende YVirkung in der Kunst gedacht
zu werden vermag,
Aber freilich folgt auch hierin die Kunst zuletzt nur den großen
kosmischen Gesetzen, deren Werke, soweit sie unserer Forschung
zugänglich sind, nach dem Maßstabe symmetrischen Gleichgewichts
geformt erscheinen.
Proportion.
Proportion ist die Beziehung ungleicher Theile zu einander. 1)
Schon diese wenigen Worte, welche besagen, dass man es hier mit
ungleichen Theilen zu thun hat, während in der Eurhythmie von
gleichen, in der Symmetrie von ähnlichen die Rede war, schon diese
wenigen Worte weisen deutlich hin auf die complieierte und, wenn
ich so sagen darf, höhere Natur des Proportionalitätsgesetzes. Wir
haben in diesem Sinne bereits erwähnt, dass unter den drei ornamen-
talen Grundgesetzen das Gesetz der Proportion dasjenige ist, dessen
Erkenntnis nicht bloß die Fähigkeit normalen Sehvermögens, sondern
auch künstlerisches Verständnis voraussetzt. Damit hängt auch
zusammen, dass die Proportion nicht wie die Symmetrie und Eurhythmie
1) Proportionalität. verhält sich in dieser Hinsicht zur Euthythmie und Symmetrie
wie Her allgemeine Fall zum besonderen, weil Gleichheit und Ähnlichkeit nur zwei
einzelne Fälle sind gegenüber den zahlreichen möglichen Fällen von Ungleichheiten.