Volltext: Grundriss der kunstgewerblichen Formenlehre

indem man die Hölzer in entgegengesetzter Faserrichtung aufein- 
anderleimt.  Das nunmehr sich entgegenwirkende „'l'reibenu 
der beiden Hölzer wird. sich im Resultate aufheben.  So führt 
also der zweifache Mangel des Holzes, das Werfen und Reißen, 
direct auf eine Kunsttechnil; von der Bedeutung des Entarso. 
Um dem Werfen des Holzes vorzubeugen gibt es übrigens 
noch andere Methoden: und die bekannteste ist die der Leistenver- 
steifung. 
Man unterscheidet Grathleisten und Hirnleisten; die ersteren 
werden in eine die Faserrichtung des Holzes senkrecht durchschnei- 
dende Nuth eingezogen, die letzteren auf eine am Hirnende des 
Brettes ausgesehnittene Feder aufgekammt. 1) 
Das mit dem Leisten verbundene und durch ihn versteifte Brett, 
führt uns unmittelbar zu dem tektonischen Grundmotiv des Rahmen- 
werks mit Füllung, einer Construction, welche uns im Übrigen auch 
den wirksamsten Schutz bietet gegen die drittgenannte nachtheilige 
Eigenschaft des Holzes  nämlich gegen das Schwinden.  Das 
Schwinden des Holzes beruht auf der schon erwähnten Eigenschaft 
des Holzes, dass es im frischen Zustande eine ziemlich große Menge 
Feuchtigkeit enthält, welche es nur nach und nach und zivar sehr 
langsam abgibt. 
Die Folge dieser Abgabe ist natürlich eine Veringerung des 
Volumens des Holzes, welche sich insbesonders in der Richtung 
der Breite (senkrecht auf der Faserriehtung) bemerkbar macht.  
Die Naehtheile des Schwindens werden nun zum Theile aufgehoben, 
wenn man der Füllung, welche mit ihren Rändern lose in die 
Nutllen des Rahmens eingelassen ist, innerhalb ihrer eigenen Ebene 
freien Spielraum lässt.  Überdies verdeckt die Rahme, welche schon 
aus structiven Gründen stärker ist als die Füllung, die ntreibendenu 
Stellen am Rand der Füllung. Kommt noch weiters ein Profil- 
leistchen dazu, welches an der inneren Seite des Rahmenholzes 
befestigt wird, so ist alles geschehen, dem Auge die Folgen des 
Holzsehwindens zu verbergen. Gleichzeitig aber ist damit die erna- 
mentale Form des profilierten Rahmens mit Füllung gefun- 
den, ein Motiv, das später in den Steinstil übergegangen, wo es 
eine wichtige Stelle in der architektonischen Formensprache einzu- 
P) Darüber 
Nuth. 
und 
noch 
weiter 
unten 
unter 
,tektonisc11e 
Verbindung" 
Feder
	        
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