dem Werkzeuge entgegengesetzten materiellen Widerstandes des
Metalles, und alle iEigenthümliehkeiten dieses werden daher im
Schmiedeeisenwerk ihren angemessenen formalen Ausdruck finden,
gleichsam Zeugnis ablegend von dem Kampfe zwischen natürlichen
und technischen Kräften. Beim Gusswerk dagegen ist die Form,
welche im Modelle vorgebildet ist, zunächst und vorerst noch gänz-
lich unabhängig von ihrem eigentlichen Materiale d. i. dem
Metalle, in welches sie erst nach ihrer bildnerisehen Vollendung
übertragen wird. Das gegossene Werk wird sich deshalb in dem-
selben Maße von den specifisehen Eigenthümlichkeiten des Metallstiles
entfernen, als diese bei der eigentlichen Gestaltung des Stoffes weniger
in Betracht kommen; dagegen ist es in seiner Form gänzlich abhän-
gig von dem „Stile" des Modells, welches, in Thon geformt, stili-
stisch der freien Willkür des Künstlers anheimgestellt bleibt.
Bezeichnend für diesen Gegensatz der zwei metallotechnischen
Methoden und seine stilgerechte Bedeutung ist im Übrigen die ge-
schichtliche Thatsache, dass die alte Rivalität zwischen beiden in
der hellenischen Kunst schließlich mit dem Siege der ersteren
also der Kunst des Metallhätmmerns (der Toreutik) 1) endete indem
zur Blütezeit der hellenisohen Plastik, also zu Phidias Zeiten, die
älteren Traditionen der toreutischen Kunst gegenüber den neueren
Bestrebungen des Metallgusses wieder aufgenommen und zu höchster
Vollendung gebracht wurden?)
In Bezug auf unsere Zeit muss dagegen die kunstgcschichtliehe
Thatsaehe eonstatiert werden, dass die monumentale Metallotechnik
ein für allemal und principiell sich für Methode und Stil des Erz-
gusses entschieden hat (also für das "Modellieren" in Thon, anstatt
in Metall), weshalb denn alle Werke der modernen Bildhauerkunst,
WVorunter die unmittelbare Bearbeitung des Metalles mit dem Hammer,
Meißel und anderen Werkzeugen, also ehensowohl das Treiben als das Ciselieren zu
verstehen ist.
2) "Dieser Zeitpunkt verschaffte der Toreutik nicht nur Geltung als selbständige
Kunst, er führte sogar eine gewisse Unterordnung aller übrigen bildnerischen Künste
unter ihren Stil und Einfluss herbei. Mit Recht wird daher Phidias als der
Begründer der Toreutik bezeichnet, denn er brachte diese Kunst zu höchsten Ehren,
sowie Polyklet, der sie weiterbildete. Auch Myron,iKalamis und Kallimachos heißen
Toreuten und waren es; nicht nur in kleineren Kunstgeräthen u. dgl. deren Ver-
fertigung sie nicht; verschmähten; auch in ihren großen YVerken, selbst in ihren Erz-
güssen und Marmor-werken waren sie Toreuten. Die colossale erzgegossene Athene
Promachos auf der Burg von Athen wurde durch den Toreuten Mys mit eingelegter
Arbeit und Ciselierung vollendet." Semper II. Band. 515.