Volltext: Grundriss der kunstgewerblichen Formenlehre

Tektonische 
Materialien. 
Es wurde schon gesagt, dass bloß 2 lllaterialien sich zur Stab- 
construction eignen, das llletall und das Holz, welche wir deshalb 
tektonische llIaterialien nennen können. Sie sollen nun in technischer 
Hinsicht einer kurzen Erläuterung unterzogen werden. 
Das 
Eisen. 
Unter allen Metallen, welche die Chemie kennt, ist bloß ein ein- 
ziges vollkommen geeignet, im großen den Stoff zur tektonischen 
Construction abzugeben:  nämlich das Eisen. 
Sein im Verhältnis zu allen übrigen Metallen hätuliges Vor- 
kommen in Verbindung mit seinen hervorragenden physischen Eigen- 
schaften,  insbesondere seine Festigkeit, Elasticität, Dehnbarkeit, 
Geschmeidigkeit, Härte u. s. w.,  Eigenschaften, welche überdies 
nach Belieben durch angemessene Bearbeitung verstärkt oder abge- 
schwächt, vereinigt oder getrennt dem Eisen ertheilt werden können,  
sind es, welche diesem Metalle die bedeutende technische Stellung 
sichern.  Es hieße, bloß Bekanntes vorbringen, wollten wir über 
diesen Gegenstand uns ausführlich auslassen, weshalb denn im Nach- 
folgenden dies nur insoweit geschehen soll, als der nothwendige Zu- 
sammenhang und die Einheitlichkeit in der Darstellung unserer spe- 
ciellen Aufgabe es erfordern. 
WVie alle übrigen Metalle  die edlen ausgenommen  findet 
sich auch das Eisen nicht in gediegenem Zustande, sondern in che- 
mischer Verbindung mit anderen Stoffen, hauptsächlich Sauerstoff, und 
versetzt mit zahlreichen mechanischen Beimengungen in den soge- 
nannten Eisenerzen.  Aus diesen wird das technisch verwendbare 
Eisen gewonnen, indem man den Eisenverbindungen den Sauerstoff 
entzieht, dem frei werdenden Eisen eine größere Menge Kohlenstoff 
zuführt (wodurch dieses erst schmelzbar wird) und endlich die 1necha- 
nischen Beimengungen abscheidet. 
Die allererste Aufgabe der Eisenfabrication ist somit die, 
das Eisen von seinen Verbindungen und Beimengungen zu befreien 
und ihm die nothwendige Quantität Kohlenstoff zuzuführen. 
Dies geschieht durch den Schmelzprocess im sogenannten Hoch- 
ofen.  Der Hochofen ist ein schachtförmiger Bau, in welchem die 
Eisenerze mit Kohle gemeinsam geglüht werden, wobei das sich ent- 
wickelnde glühende Kohlenoxydgas die Eisenoxyde der Erze redu- 
ciert (d. h. ihnen den Sauerstoff entzieht), während gleichzeitig das
	        
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