Fig-
232.
des
Teil
Centcnariumbandes
von Loreto.
VIERTER
ABSCHNITT.
Zierschriften
und
verzierte
Schriften.
Motto
Berlenk' es erst
Und schreib' es dann,
Dafs Jedermann
Es lesen kann
Und FreurY hat dranV
Wenn wir einen künstlerisch ausgestatteten Gegenstand mit
einem sinnigen Spruch verzieren, so wird allerdings in erster
Reihe der geistige Inhalt und die Form der Sprache in Betracht
kommen; in zweiter Linie steht das Aufsere der Schrift. Aber
auch dieses ist nicht unwesentlich; es mufs sich vor allem schön
und gefällig geben; es mufs sich aber auch in Bezug auf die
Stileinheit der Sache anpassen.
Es wäre offenbar verkehrt, einen urkräftigen, altdeutschen
Spruch in der Rosenguirlandenschrift des Rokoko wiederzugeben.
Weniger gefährlich ist es, einen geistreichen Gedanken modernster
Schule in ein altmodisches Gewand zu hüllen. Es hätte aber
offenbar auch etwas Verblüifendes, wenn wir uns an solche
Dinge nicht in den letzten Jahren hätten vielfach gewöhnen
müssen.
Kurz gefafst könnte die Regel also lauten: Die Schrift soll
schön sein, sie soll dabei leserlich bleiben und sie soll sich in
jeder Hinsicht an das übrige anpassen. Wer Geschmack und
Stilkenntnis besitzt, für den wird eine kurze Überlegung genügen,
das Richtige zu treffen.
Es ist nicht die Aufgabe dieses Handbuches, eine Geschichte
der Schrift und der Schriftverzierung zu geben. Wenige
Andeutungen mögen genügen, die ihre Illustration durch die
beigegebenen Tafeln finden, welche zum grofsen Teil des
Verfassers „Handbuch der Ornamentik" entlehnt sind.
Meyer, Liebhaberkünste. 25