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Indifche
Bau kunfiz.
förmiger Körper durch den gewaltigen Druck von oben diefe Geflalt angenommen.
Gleichfam um das völlige Auseinanderquellen des Pfühls zu verhindern, legt {ich
um ihn in der Mitte reifenartig ein horizontales Band. Charakterillifch cr-
fcheint, daß Schaft und Kapitäl mit Cannelirttngen oder vertical auffleigenden
Streifen bedeckt lind. Endlich legt {ich auf das Kapitäl ein breit ausladendes
Glied von verfchiedenartiger Bildung, das als Confole dem aufruhenden Ge-
bälk zur Stütze dient und manchmal einen deutlichen Anklang an Holzcon-
flruktion
enthält.
Um nunmehr auf die Gefammtanlage der Grottentempel einzugehen, fo er-
kennt man bald bei aller Verfchicdeilheit im Einzelnen gewille Grundbedingungen,
die {ich überall wiederholen. Wir haben es zunächll mit einem Innenbau zu
thun, der eine Menge von Menfchen zu gemeinfamer Gottesverehrung aufzu-
nehmen geeignet iIt; fodann tritt die Richtung der ganzen Räumlichkeit nach
einem bedctltfamen Centrum hervor, das als Sanctuariunu das Bild des Gottes
umfchließt; endlich gehört dazu die Verbindung von Nebenbauten mit dem
Haupttempel, die als Kapellen, Vorhallen, Waiferbaflins auf mancherlei befondere
Eigenthümlichkeiteil des Cultus hinweifen. Diefe Grunderfordernille werden von
den brahnlanifchen Denkmälern in bunt wechfelnder Art erfüllt, und nur der
buddhiftifche Tempel gab ihnen eine confequentere, angemellenere Löfung. Be-
merkenswerth erfcheint dabei die Aehnlichkeit, welche die meiften diefer Bauten
mit der Anlage chrifilicher Kirchen bieten, ja die Uebereinflimmtmg der bud-
dhißifchen Tempel mit der altchrifllichen Baiililta. Da, wie kaum bemerkt zu
werden braucht, an ein Hinüber- und Herübertragcn nicht zu denken ift, fo
zeigt {ich hier recht atigeiufällig, wie in beiden Religionen ähnliche Bedürfnitle
des Cultus ähnliche Anlage und Raumeintheiltlng mit {ich brachten. Beide
forderten einen Wallfahrtstempel, in ihm ein Allerheiligftes, welches das Bild
der Gottheit mnfchloß; ferner geräumige Hallen, welche das zur Verehrung
herbeieilende Volk faßten; endlich eine Anordnung derfelben, die den Eintreten-
den nach dem Zielpunkte des Gottesdienlies hinleitete.
Erwägt man, daß zwifchen den jüngfien indifchen Batiwerkeil und den
älteßen bekannten Denkmälern ein Zeitraum von beinahe zwei Jahrtaufenden liegt,
{'0 wird dadurch der Mangel an Entwickelung in der indifchen Architektur in's
hcllße Licht gefetzt. In der That ift Maaßloliglteit der Phantafie, grenzenlofe
XVillkür der Formbilduilg, gänzlicher {Nlangel an organifcher Durchführung der
{aß immer {ich gleichbleibende Charakter jener Kunft.