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RenaiHance
Die
in den
übrigen
Ländern.
dehnung eines künftlerifch durchgebildeten Holzbaues, deflien Anfänge in das
Mittelalter hinaufreichen. Die conftruktiven Elemente des Fachwerkbaues ver-
binden lich nun mit den decorativen Formen der Renaifiance, und aus diefer Ver-
mifchung geht eine Architektur hervor, welche noch jetzt in zahlreichen Bei-
fpielen vertreten ift. In den Gegenden des füdlichen und mittleren Deutfchlands
fowie an Rhein und Mofel herrfcht eine fchlichtere, das Conftruktive befonders
betonende Auffaffung vor; in den Gebieten Niederfachfens dagegen, in Städten
wie Braunfchweig, Hildesheim, Halberftadt, Hannover u. A. tritt diefer
Holzbau in voller Opulenz der Ausftattung hervor, zuerit noch in einer {irengeren
confiruktiven, dann endlich in üppigfter ornamentaler Entfaltung.
tMinder zahlreich iß jene Art des Kirchenbaues, welche in verwandter
Weife bei der mittelalterlichen Ueberlieferung verharrt und die gothifche Con-
firuktion nur mit Renaiifanceformen bekleidet. In diefer Richtung, die mit be-
fonderer Zähigkeit {ich unberührt von dem mehr akademifch-ltlaffifchen Styl der
gelehrten Architekten zu erhalten weiß, ifi offenbar ein vorwiegend volksthüm-
liches Element enthalten. Hierher gehört als eines der intereilanteflen Beifpiele
aus dem 17. Jahrhundert die Kirche zu Wolfenbüttel, ganz in gothifcher An-
lage erbaut, aber mit prächtigem barockilirtem Maßwerk der Fenlter und l'on-
fiiger Decoration delfelben Styles. Verwandter Richtung folgen die Jefuiten-
kirchen zu Koblenz, von 1609 bis 1615 erbaut, zu Köln, von 1621 bis 1629,
großartig angelegt und glänzend ausgefiattet, und zu Bonn vom Jahre 1700,
einfacher, aber von fiattlichem Eindruck und mit zwei Welithürmen verleben.
Die Thürme errichtete man, ebenfalls nach gothifchern Princip, fchlank und
mit hoher Spitze, allein letztere unterbrach man mit einer oder mehreren kuppel-
artigen Ausbauchungen, die nichts weniger als harmonifch oder fchön fich dar-
iiellen. Doch gibt der nach 1556 erbaute Thurm des Rathhattfes zu Danzig
mit feiner luftigen Verjüngung in mehreren vergoldeten Kuppelchen und feiner
feinen Spitze ein Beifpiel von Zierlichkeit und fchlaiakel" Anmuth felbft bei
wunderlich entarteten Einzelformen.
Diefen rnannigfach gerrnanifirenden Beftrebungen gegenüber kam feit dem
Ende des 17. Jahrhunderts an mehreren Orten, begünliigt durch fürftliche Bau-
lult, eine ftrenger antikifirende Richtung auf. Eins der edeliten Beifpiele der-
felben ilt das 1685 von Nehring" begonnene Zeughaus zu Berlin. lm
Gegenfatz gegen die gleichzeitige äußerlie Entartung des Barockfiyls ift diefes
YVerk ein Beweis edler Einfachheit, gefetzlicher Harmonie bei fchönfter Ein-
theilung und ungewöhnlich tüchtigen Verhältniffen. Verwandter Richtung
folgte beim Bau des königlichen Schloffes zu Berlin feit 1699 bis 1706
der große Andreas Schlüter, auch als Bildhauer bewundernswerth, der mäch-
tigiie Künfilergenius feiner Zeit. Mehr in der borrominesken Barßckweifß be-
fangen erfcheint ein Zeitgenofle Schlütefs, Fifcher von Erlach, der feit 1716
die Karl Borromäuskirche zu Wien erbaute. Aus derfelben Zeit ungefähr
flammt eine Anzahl großartiger Paläfie in Wien und P rag. Etwas fpäterer Zeit