Uebergalmg
Gothik
von der
zur Renaiffalmce.
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lieh die Paläfle zu Genua und zu Bologna zeichnen {ich durch mächtige
Treppen aus, die oft ein befonderes Treppenhaus für {ich beanfpruchen, wie
z. B. im Palaß; Corfini zu Rom. Auch diefe Räume machen oft Gebrauch von
den perfpektivifchen Kunltfiüclaen, die am Kirchenbau beliebt geworden waren und
lalien durch eine Oeffnung in der Decke den Blick in ein oberes reich deco-
rirtes Gewölbe dringen. Die Höfe werden öfter mit Wänden gefchloffen, die
mit Pilailern decorirt find, oder fie erhalten auf der einen Seite eine grandiofe
Loggia, wie im Palafi Mattei zu Rom von Carlo Maderna; bisweilen finden
{ich aber auch noch Säulenhöfe von fchönen, einfachen Verhältniffen, wie der
unter Fig. 451 abgebildete des Palaft Borghefe in Rom, erbaut von Martino
Lunghi dem Aelteren; doch kuppelt man hier die Säulen paarweife, um weitere
und höhere Hallen zu erzielen. Die inneren Räume werden jetzt auch bei den
Paläüen höher und weiter; neben den mehr quadratifchen Sälen und Gemächern
kommen lange Galerien als eine befondere Art von Prachträumen in Aufnahme.
In der Ausfchmückung diefer Säle herrfcht ähnlich wie bei den Kirchen ein
Wetteifer der Malerei und Plaftik, eine Uebertreibung prunkvoller Decoration,
die allerdings in profanen Räumen nicht fo beleidigend wirkt wie in Gottes-
häufern. Gegenüber diefer verfchwenderifchen Pracht werden die Facaden der
Paläfte immer roher, {ieigern die Einzelformen zu plumper Willkür und vermögen
in der Regel nur durch die koloilalen Verhältniife zu wirken.
Der NebenbuhlerBerninTs, Francesco Borromini (1599-4667), brachte
die Entartung der Architektur auf's Aeußerfle. Seine Facaden wie feine Grund-
riflie vermeiden die geraden Linien nach Möglichkeit und bewegen {ich im wilden
Durcheinander auswärts und einwärts gefchwungener Curven, fo befonders an
dem Thurm von S. Agnefe zu Rom u. a. In diefeitn Styl fand die Zeit ihren
trefiiendflen Ausdruck, fein Beifpiel wurde daher überall nachgeahmt, und die
Welt mit den widerfinnigllen architektonifchen Gebilden angefüllt.
ZWEITES
KAPITEL.
Die
Renaissance
in
den
übrigen
Ländern.
In den außeritaliexiifcheim Ländern hielt {ich der gothifche Styl in [einer
theils reich decorativen, theils nüchternen Entartung faft durchweg bis in's fech-
zehnte Jahrhundert, ja in manchen Gegenden bis in die zweite Hälfte deffelben.
Das germanifche Volksthum einerfeits, die nordifehe Natur andererfeits fchien
zu innig mit ihm verwachfen zu fein. Doch drang im Laufe des fechzehnten
Jahrhunderts hin und wieder ein Renailiänceklang ein, der {ich zuerii in naiver