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im Ganzen und Großen, mit vorwiegender Rückficht auf die malerifche Wirkung,
auf den Wechfel der Flächen und Einzelglieder, des Schattens und Lichtes; die
Bildung des Details vernachläfligt er darüber bis zur Verwilderung, und für die
Compolition gibt er bisweilen einer Laune nach, die in capriciöfem Gegenfatz
gegen Ruhe und Harmonie der Anlage {ich befindet. Seine erften, minder be-
deutenden Bauten gehören Florenz an. Dahin zählt die 1514 entworfene Facade
für S. Lorenzo, die indeß Entwurf geblieben ift. In S. Lorenzo erbaute er
fodann 1529 die Grabkapelle der Mediceer, für die er die berühmten Grab-
mäler mit den herrlichen Statuen meißelte. Zu Rom Iind, wie wir fahen, die
großartigen Pfeilerhallen des Hofes im Palaft Farnefe, fo wie das impofante
Kranzgelimfe der Faeade fein Werk. Die malerifch bedeutfame Anlage des
Capitols fammt den angrenzenden Bauten beruht ebenfalls auf feinen Plänen.
In launenhafter Willkür ilt die aus feiner fpäteflen Lebenszeit rührende Porta
Pia behandelt. Seine vorzüglichlle architektonifche Thätigkeit nahm der
Neubau der Peterskirche (Fig. 447) in Anfpruch. Schon im Jahre 1506 hatte
Bramante den Bau begonnen, der als griechifches Kreuz mit abgerundeten
Querarmen und Chor angelegt war. Rafael, der darauf den Bau fortführte,
hatte die Ablicht, abweichend von dem urfprünglichen Entwurf einen Langhausbau
daraus zu machen. Ihm folgte B. Peruzzi, der die nicht eben glückliche Zu-
that der vier die Hauptkuppel flankirenden Nebenkuppeln erfand. Nach kurzer
Bauführung Sangallo's übernahm fodann Michel Angelo unentgeltlich den
Bau (1546). Er kehrte zur Grundidee Bramante's, zum gleichfchenkligen Kreuz,
zurück, bei deffen Ausführung die grandiofe Kuppel nicht allein die drei öft-
lichen Arme, fondern auch, was noch wichtiger, die Faeade beherrfcht haben
würde. Im Inneren (Fig. 4.47) entwickelte er die großen Pfeiler durch Pilalter,
Nifchen, erhabene Ornamente, und gab ihnen ein mächtig vortretendes Gefims,
von welchem das fchön und reich kafiettirte Tonnengewölbe auffteigt. Die
Kuppel, deren Verhältnüfe er zu nie geahnter Koloifalität fteigerte, fo daß bei
einem Durchrneüer von 140 Fuß ihr Scheitel 405 Parifer Fuß über dem Boden
{ich erhebt, wurde nach feinen Plänen und Modellen bald nach feinem Tode
ausgeführt. Ihre ungeheuren Dimenfionen, ihre eben fo fchlanke als gewaltige
Form, das herrliche Profil, das impofant {ich bis zur krönenden Laterne auf-
fchwingt, Stadt und Umgegend weithin beherrfchend, machen {ie zu einem Wunder
der Baukunli. Leider wich Carlo Maderna (feit 1605) wieder von Michel
Angelo's Plan ab und führte das jetzige Langhaus aus, auf deffen perfpektivifche
Wirkung die Kirche gar nicht angelegt war, und das auch dem Aeußeren, be-
fonders der Facade, nachtheilig wurde. Die letzte Hand legte Bernini (feit
1629) an den Bau, indem er ihm zwei Glockenthürrne an der Facade zudachte,
von denen jedoch der eine unausgeführt blieb, der andere wieder abgetragen
wurde. Endlich, erfl 1667, baute er die berühmten Doppelkolonnaden, durch
deren einfache Großartigkeit und elliptifche Grundform der Eindruck der hFacade
bedeutend gefteigert wird.