Rom und Neapel; Hochrenaiffance.
Frührenaiffance in
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Oberitalien dauert hier die Stylrichtung diefer erften Epoche bis in's 16. Jahr-
hundert hinein. Das hedeutendlte Werk ift unflreitig der Palaft Vendramin
Calergi, (Fig. 439), 1481 von Pietro Lombardo erbaut. Er hat eine vollflän-
dige, reiche Gliederung der Stockwerke durch antikifirende Elemente, im Erd-
gefcholfe Pilafter, darüber canellirte, dann glatte Säulen. Zu den prachtvollfleim
Leiflungen des Styles gehören fodann die Scuole, d. h. palaftartige Gebäude
der reichen geiftlichen Brüderfclmaften. So die Scuola di S. Marco, 1485 an-
geblich von Martino und Pictro Lombardo erbaut; ferner die in fpäterer
Zeit (1517) begonnene und erft durch Sanfovino beendete Scuola di S. Rocco
mit kollharer ltlarmorbeltleidung und ungemein fchlagkräftig wirkfamer Gliederung.
Aus etwas früherer Epoche ftammt der Hof des Dogenpalalles, feit 1500
durch Antonio Bregno und Antonio Scarpagnino begonnen, rundbogige
Hallen auf Pfeilern, oben Spitzbogen auf Pfeilern mit vorgeftellten Säulen, düS
Ganze in höchftcr Pracht ausgeführt (vgl. Fig. 438).
Nach Rom trugen florentinifche Baumcifter die Renaiffance, deren Grund-
züge fie an den römifchen Werken gelernt hatten, fertig hinüber. S0 tritt fie
an dem großen und kleinen Palaft di Venezia, ebenfo an der Vorhalle der
Kirche S. Marco hervor. Der große Palaft di Venezia zeigt zum erltenmal
den Anfang eines gegliederten Pfeilerhofes mit Arkaden, nach dem Vorbild der
antiken Theater; die Kirche S. Marco enthält vielleicht das frühefte erhaltene
Beifpiel einer gegliederten Katfetten- (Kalymmatiem) Decke der Renaiffance.
Die übrigen römifchen Bauten diefer Zeit flammen meiftens von Baccio Pin-
Ielli (Pontelli), ebenfalls einem florentiner Künftler. Als fein Hauptbau gilt
die Kirche S. Agoftino, eine Baiililta mit hohen Kreuzgewölben auf gegliederten
Pfeilern und mit einer unbedeutenden Kuppel.
Selbft bis Neapel drang der Einfluß der florentinifchen Schule, wie man
an dem Triumphbogen des Königs Alfons von Arragonien, einem flzattlichen
Decorationsftüclt von weißem Marmor, mit reichem plallifchen Schmuck, erkennt.
Zweite
Periode:
Hochrenaissance.
Mit dem Beginn des fechzehilten Jahrhunderts kommt eine größere Strenge
in Auffaflung und Nachbildung der antiken Architekturforrnen zu allgemeiner
Herrfchaft. Die erße Folge diefes Strebens war, daß man die antiken Gliederungen
richtiger bilden und im Geill der römifchen Architektur anwenden lernte. Das
freie, oft phantaflifche Spiel, welches die Frühzeit damit getrieben hatte, war nun
zu Ende; jenes willkürliche Wefen wich einer dem Organismus des Baues {ich {lren-
ger anfchließenden Behandlung. lndeß wie fchon die römifche Baukunft {ich nur
in decorativer Weife der aus dem Griechifehen entlehntcn und umgeflalteten
Einzelformen bedient hatte, fo beanfprticht auch jetzt diefer Theil der Architek-