Volltext: Geschichte des Kupferstichs

schen Schule ward. In seinen Gemälden erscheint 
er als eine innerlich profane Natur, über Welche er 
sich auch bei Darstellungen aus der heiligen Ge- 
schichte nicht erhebt. Auch in seinen Kupferstichen 
verleugnet er diese Natur nicht. Bei seinen Dar- 
stellungen erscheint er reichlich gesättigt mit den 
Anschauungen des gemeinen Lebens, das er über- 
haupt wohl nur vor Augen gehabt, und nicht selten 
in's Hässliche verzerrt hat. Man vergleiche seine 
Madonna, die Auferweckung des Lazarus, seine 
Blätter aus der Geschichte des Josephs, wie seine 
Apostelbilder. In seinen F rauengesichtern fehlt es 
nicht an gemeinen Grundzügen und seine Männer- 
physiognomien haben ein moroses, schwindsüchtiges 
Ansehen. Man sehe nur das grosse Blatt „die 
Bekehrung Pauli". Er sah doch die wirkliche Welt 
nicht wie Dürer, sein grosser Zeitgenosse, wie in 
einer phantastischen Zauberlaterne, sondern wie in 
einem durch Reizbarkeit verdunkelten Spiegel. Es 
ist kaum zu begreifen, wie seine Verehrer auf seine 
Kupferstiche einen so hohen Werth legen können, 
wenn sie nicht, wie schon Vasari that, seine Luft- 
perspective und seine Compositionskunst, sowie die 
Gewandtheit, Sicherheit und Feinheit seines Stiches 
zu rühmen wüssten, Vorzüge, die aber keineswegs 
den Mangel an sittlicher Schönheit vergessen lassen. 
Lukas war eine kranke sanguinische Natur, die sich 
in seinem ganzen Leben verräth. Die Kunst, in 
Kupfer zu graviren, hatte er früh bei einem Gold- 
schmied erlernt, und zwar so wohl erlernt, dass er 
schon in seinem 14. Jahre einen durch Zartheit und 
Gewandtheit des Griffels ausgezeichneten Kupferstich 
lieferte, der den Mönch Sergius vorstellt, den
	        
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