den Realismus der Technik. Ein Beispiel, wie
Morghen selbst diesen Realismus bis zu der äussersten
Grenze trieb, wo die Harmonie zwischen der Form
und der malerischen Darstellung leicht gefährdet
war, ist seine ,.büssende Magdalena" nach Murillo.
Die Gefahr aber, die Technik auf Kosten der Form
zu bevorzugen, lag für die Schule um so näher, als
die Technik eines Meisters, der mehr mechanische
Theil seiner Kunst, sich leichter erlernen lässt, als
sein Geist, der es versteht in den Geist und Aus-
druck, überhaupt in die Bedeutung der Form einzu-
gehen, für deren Darstellung die Technik nur ein
Mittel ist, und zwar ein solches Mittel, dessen Uebung
und Anwendung eine nicht geringe Meisterschaft er-
fordert, zumal in den Fällen, wo die Form eines
Vorbildes die höchste Aufmerksamkeit. in Anspruch
nimmt und darüber versäumt, in den Geist, in den
inneren Gehalt seines Vorbildes einzugehen. Und so
scheint es, dass der Techniker sich nicht zu sehr
von der Farben-Gluth und Pracht eines Gemäldes
imponiren lassen darf, um den Versuch zu wagen,
mit seiner Technik malerisch zu wirken, wie das
Gemälde. Die Wirkung der Farbe liegt nicht in
seinem Gebiete. Gerade der Umstand, dass früher
in Flandern ein so bedeutender Colorist wie Rubens
von den Kupferstechern seiner Freundschaft forderte,
dass sie mit dem Grrabstichel malen sollten, hatte
zur Folge, dass die Handrischen Kupferstecher das
malerische Element ihrer Technik in einer Weise
ausbildeten, wie sie wohl für die Gemälde eines
Rubens, aber nicht mehr für die Formenschönheit
der italienischen Kunst passte, ja dass diese Kupfer-
stecher kaum ein Auge für diese Schönheit hatten.