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war, dass dadurch die in weltlichen Darstellungen
verarmte und ermattete Kunst auf die Schönheit und
Bedeutung der religiösen Darstellungen geleitet ward,
so lag doch wiederum die Einseitigkeit nahe, jetzt
den Italienern, wie früher den Franzosen, nach-
zugehen, wenn man sich nicht zugleich wieder auf
die vergessenen und verlassenen Schätze der alt-
deutschen Kunst besonnen hätte. Freilich der herr-
schenden Kunstrichtung etwas ärgerlich und wunder-
sam, dass selbst ein Göthe beim Anblick der
Nibelungenblätter von Cornelius ausrief: "ein
wahres Wunder! die Kunst ist gleichsam in
den Mutterleib zurückgekehrt und wiedergeboren".
Deutschland aber sah, was es seit Jahrhunderten
nicht gesehn hatte, das Wiedererwachen seiner
eigenen Kunst. Auch der Kupferstich ging dieser
Richtung nach und verbreitete seine Werke mit
mannigfach modiiicirter Technik.
Nun aber wurde der Kupferstich auch ein
Gegenstand des Luxus und der Mode. Er sollte
nicht bloss die Mappen der Liebhaber füllen, er
sollte auch ein Schmuck der Zimmer werden. Dazu
waren die gediegenen Werke der Kunst bald zu
theuer, bald zu anspruchslos; auch sollte der viel
verbreiteten Lithographie Concurrenz gemacht werden,
und so griif die Industrie zu einer Technik, die aller-
dings geeignet ist, durch malerische Effecte das
Auge zu bestechen, nämlich zur
S ch ab kun s t ,
deren Wirkung durch Verbindung mit Grabstichel-
und Nadelarbeit gesteigert wurde. Maler, deren
moderne Darstellungen bei dem herrschenden Mode-
geschmack beifällig aufgenommen wurden, fanden