Ansprüche der Idee und des Idealen aufopferte, und
desshalb, wie namentlich die holländische Malerschule,
ihre Gegenstände aus der niedrigsten Wirklichkeit
nahm. Den realistisch gesinnten, damals in pro-
saischer Nüchternheit versunkenen Deutschen waren
solche Darstellungen des Niedrigen und Wirklichen
nichts weniger als zuwider. Im Gegentheil liessen
sie sich wohl mit Behagen daran erinnern, dass es
noch eine Kunst gebe, die als Schöpferin solcher
Werke höher sei, als das Niedrige und Wirkliche
ihrer Darstellungen, und wo das Kunstgefühl erst
wieder in Fluss kommt, da strömt es weiter und
strebt höher; es will auch das Transcendente em-
piinden, das als das Immanente in der Darstellung
wirkt, waltet, belebt, und das Wirkliche verklärt und
erhöhet, mag man dies Transcendente das Schöne
oder das Ideale nennen, es ist jedenfalls das Höhere
in der Kunst, denn es ist dem Höchsten, dem Gött-
lichen verwandt; wesshalb es auch nie und nirgend
eine wahre Kunst giebt ohne Religion; und wo
„der Sinn den Wahrhaftigen zu erkennen", wie die
Schrift sagt, sinkt und schwindet, da sinkt, versäuert
und versumpft auch die Kunst, und alle Kunst-
akademien können sie nicht wieder beleben.
In Deutschland gab es eine Zeit, wo die Lieb-
haberei für Kupferstiche von Wille schwärmte, und
die Gelehrten schmückten ihre Studierzimmer gern
mit Portraitstichen von Bause, die an Wille's Manier
erinnerten. Allein die heitere Welt der Niederländer,
die Wille's trefflicher Grrabstichel dargestellt hatte,
genügte am Ende nicht mehr in einer Zeit, wo unter
schweren Drangsalen das Lachen theuer geworden
war; man sehnte sich nach dem Höheren, nach dem