lineare Schönheit und plastische Formenentwicklung
mehr anregt, als die Oelmalerei, welche die Wirkung
der Farben nicht entbehren mag, und die Kupfer-
stecherkunst vielfach auf verderbliche Abwege ver-
führt hatte.
Auch darf die Bedeutung nicht unbeachtet
bleiben, welche der Kupferstich mit den ver-
vielfaltigenden Künsten überhaupt gewonnen hat.
Er ist nicht bloss dem besseren Kunstgeschmack
nachgegangen, er hat ihn auch mit begründen
helfen; er ist fast mehr als die Malerei behülflich
gewesen, das Geheimniss antiker Schönheit wieder
zu eröffnen, und die Schätze alter, vielfach ver-
kannter und vergessener Kunst wieder zur An-
erkennung zu bringen; ja, WO die Malerei die alte
Zopfzeit noch nicht loswerden konnte, kündigte sich
schon im Kupferstich das Morgenroth eines besseren
Tages an, und wo die Malerei ermattet war, trat
der Kupferstich in ihre Stelle und belebte wenigstens
wieder, was die alte Kunst überliefert hatte.
Allerdings hat sich in den vervielfaltigenden
Künsten eine erfinderische Thätigkeit entwickelt,
die auf Kosten des Kupferstichs Theilnahme an den
Werken der schönen Künste zu erwecken und zu
befriedigen strebt. Holzschnitt, Lithographie, Stahl-
stich, Photographie haben eine Verbreitung gefunden,
die dem Kupferstich vielfach Abbruch gethan hat,
und ihn, um sich gegen die ihn bedrohende Con-
currenz zu behaupten, zu Anstrengungen nöthigte,
die ihm nicht durchaus günstig sind. Wir ge-
denken jedoch nicht, die Geschichte des Kupferstichs
bis in diese Bedrängniss zu verfolgen, und wollen
nur einzelne Erscheinungen mit ihren Erfolgen hervor-