weiteren Fortbildung hätte erstarken können. Man
vernachlässigte die edle Technik des Grabstichels
und bevorzugte die Radirnadel. Deutschland war
in der ersten Hälfte des 17. Iahrhunderts wie ein
Vulkan, in welchem die im Verlaufe von mehr als
100 Jahren immer bitterer gewordene Spannung
zwischen Kirche und Staat zu einer erschütternden
Lösung kam, und in der Zeit des gojährigen Krieges
war hier nirgends eine ruhige Stätte mehr, wo die
Kunst ein schützendes Asyl hätte linden können.
Das phantastische Element, das in der Kunst eines
Dürer sein harmloses, neckisches Spiel trieb, schien
in einem Fanatismus streitender Parteien aufzuglühen,
der die Kunstgedanken, wenn sie auftauchten, ver-
bitterte, verzerrete und verzehrte. Die Kunst aber
fand keinen Beifall, aber auch keine Talente, die
sich hätten geltend machen können. Die wenigen
namhaften Maler suchten in Italien ihre Kunstbildung
zu vollenden. In Italien, in diesem Mittelpunkte der
kirchlichen Macht, war die Kunstpflege nicht
vergessen; man glaubte hier sogar, die Kunst
benutzen zu können, die sinkende kirchliche Macht
wieder zu stärken; aber in Deutschland, im Mittel-
punkte der politischen Macht, war eben darum
die italienische Kunstpiiege wie Oel im Feuer. Man
kannte das Oel nur zu gut, und was hier etwa die
Kunst that, um es wirkungslos zu machen, waren
Karrikaturen, emblematische und andere Spottbilder
zu Hohn und Schimpf des Feindes. Solche Erzeug-
nisse einer fanatisirten Kunst wurden zu Hunderten
in Büchern und liiegenden Blättern im Volke ver-
breitet. In solcher Weise wurde auch der Guerilla-
krieg
der
kirchlich-politischen
Parteien
geführt,
wie